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Die Frage nach der Mitgliedschaft in der Scientology Organisation wurde bisher als uneingeschränkt zulässig bewertet.[227] Nach der Rechtsprechung des BAG ist die "Scientology Kirche Hamburg e.V." keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft i.S.d. Art. 4, 140 GG, Art. 137 WRV, sondern zielt auf die Eroberung organisatorischer Schlüsselpositionen in Wirtschaft und Verwaltung und damit primär auf wirtschaftlichen Erfolg. Da aus diesem Grund befürchtet wird, dass ein Scientology-Angehöriger persönliche Absichten in Bezug auf den Arbeitsplatz über die Interessen des Arbeitgebers stellt, hat der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse an der Klärung der Zugehörigkeitsfrage. Dies gilt insbesondere bei Vertrauenspositionen und sicherheitsrelevanten Bereichen,[228] aber auch im öffentlichen Dienst.[229]

Das BVerwG hat – allerdings ohne die Frage zu beantworten, ob Scientology eine Religionsgemeinschaft sei – Scientology als Weltanschauungsgemeinschaft eingeordnet und unter den Schutz des Art. 4 Abs. 1 GG gestellt.[230] Auch wenn die Entscheidung im Schrifttum kritisiert wurde[231] ist ungewiss, ob sich die Mitglieder dieser Organisation nicht auch auf §§ 7, 1 AGG berufen können,[232] auch wenn dies bisher eher verneint wird.[233] Jedenfalls haben Gerichte in Frankreich und den USA Scientology als Religionsgemeinschaft anerkannt.[234] Es empfiehlt sich daher, die Frage nur bei der Besetzung von besonderen Vertrauenspositionen zu stellen.

Im laufenden Arbeitsverhältnis ist das Fragerecht zu Scientology differenziert zu betrachten. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts München muss ein seit neun Jahren beschäftigter Arbeitnehmer ohne konkreten Anlass einen Fragebogen über seine Scientology-Beziehung nicht ausfüllen.[235] Jugendbetreuer dagegen, die für Scientology bei ihnen anvertrauten Jugendlichen werben, verstoßen gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten,[236] ebenso wie Betriebsratsmitglieder soweit sie durch Scientology-Werbung innerhalb und außerhalb der Arbeitszeit den Betriebsfrieden stören.[237]

[228] Bauer/Baeck/Merten, DB 1997, 2535.
[229] BAG 1.10.1986 – 7 AZR 383/85, AP Nr. 26 zu Art. 33 Abs. 2 GG; MünchArbR/Buchner, § 30 Rn 147.
[230] BVerwG 15. 12. 2005 – 7 C 20/04, NJW 2006, 1303.
[231] Richardi/Thüsing, § 94 BetrVG Rn 17.
[232] Liebers/Thies, A.IV.1. Rn 177.
[233] Zimmer/Volk, FA 2006, 258; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 173; differenzierend Röder/Krieger, FA 2006, 200.
[234] Ausführlich m.w.H. Tschöpe/Wisskirchen, 1 C Rn 90 ff, 94; siehe auch Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 36 Rn 12.

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