Rz. 596

Arbeitnehmer, die in besonderem Maße am Straßenverkehr teilnehmen, bspw. Kurier-, Taxi- oder LKW-Fahrer, tragen ein gesteigertes Risiko, bußgeldbewehrte Verkehrsordnungswidrigkeiten etwa durch Fahrfehler, Parkverstöße oder sogar verkehrsbezogene Straftaten zu begehen. Anlass für das verkehrsbezogene Fehlverhalten kann dabei durchaus die Verfolgung arbeitgeberseitiger Interessen sein, indem etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen über- und gesetzlich vorgegebene Ruhezeiten unterschritten werden, um möglichst viele Aufträge erledigen zu können. Dennoch besteht aus § 670 BGB kein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf die Erstattung verkehrsrechtlicher Sanktionen.[1316] Gleiches gilt für den Ausgleich der auf einem Fahrverbot beruhenden finanziellen Nachteile. Ein Arbeitnehmer, der eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, hat die gegen ihn verhängte Sanktion nach deren Sinn und Zweck grds. selbst zu tragen und damit auch eine etwaige Geldstrafe oder Geldbuße aus eigenem Vermögen aufzubringen.[1317] Die finanzielle Belastung derartiger Sanktionen kann auch durch vertragliche Vereinbarungen nicht wirksam auf den Arbeitgeber verlagert werden. Vertragliche Vereinbarungen, die bereits vor der Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat die Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber vorsehen, sind mit der Rechtsordnung nicht vereinbar. Ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer im eigenen wirtschaftlichen Interesse zur Vernachlässigung von Verkehrsvorschriften verleitet, indem er von vornherein die Übernahme etwaiger Geldstrafen und Geldbußen zusagt, handelt unverantwortlich nicht nur gegenüber dem Arbeitnehmer, dessen Gesundheit er gefährdet, sondern auch gegenüber der allgemeinen Verkehrssicherheit.[1318] Eine dementsprechende vertragliche Vereinbarung wäre gem. § 138 BGB sittenwidrig und daher nichtig.[1319] Denkbar ist jedoch eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers, wenn dessen Arbeitsanordnungen zwangsläufig zu der Verhängung eines Bußgeldes führen mussten und es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar gewesen ist, sich diesen zu widersetzen.[1320]

Übernimmt der Arbeitgeber dennoch die Zahlung von Straf- oder Bußgeldern, so handelt es sich hierbei um Arbeitslohn, der der Lohnsteuer und der Sozialversicherungspflicht unterliegt;[1321] dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht ausnahmsweise die Zahlung im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt.[1322]

[1316] ErfK/Preis, § 611a BGB Rn 562; Küttner/Griese, Aufwendungsersatz Rn 17.
[1317] LAG Rheinland-Pfalz 10.4.2008 – 10 Sa 892/06, juris; ArbG Düsseldorf 22.12.2009 – 7 Ca 8603/09, MedR 2010, 257; Laws, DAR 2010, 691.
[1319] Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag, II A 115 Rn 24.; Holly/Friedhofen, NZA 1992, 145, 149 ff.

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