Rz. 1040

Kündigungsbeschränkungen, die von Alter und Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers abhängen, sind darüber hinaus an dem Verbot der Altersdiskriminierung zu messen. Nach § 10 S. 3 Nr. 7 AGG a.F. sollten individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen der Unkündbarkeit (nur) zulässig sein, soweit dadurch nicht der Kündigungsschutz anderer Beschäftigter im Rahmen der Sozialauswahl grob fehlerhaft gemindert war. Diese mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz[2335] zum 18.8.2006 in Kraft getretene Regelung ist jedoch bereits zum 12.12.2006[2336] wieder aufgehoben worden, da nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gem. § 2 Abs. 4 AGG auf Kündigungen keine Anwendungen finden sollten und die Regelung zur Sozialauswahl bei Unkündbarkeit daher als Redaktionsversehen angesehen wurde. Nach überwiegender Auffassung führt dies nicht zur generellen Unzulässigkeit altersbezogener Kündigungsbeschränkungen;[2337] die Vorgaben des AGG sind jedoch ungeachtet des § 2 Abs. 4 AGG zur Konkretisierung des Begriffs der Sozialwidrigkeit heranzuziehen,[2338] so dass auch Kündigungsbeschränkungen hieran zu messen sind. Nach der Generalklausel des § 10 S. 1 und 2 AGG[2339] muss die Regelung daher nicht nur ein legitimes Ziel verfolgen, sondern auch erforderlich und – unter Berücksichtigung der Interessen jüngerer Arbeitnehmer – angemessen sein. Gerade der letztgenannte Punkt dürfte der Zulässigkeit einer Regelung, die bei älteren Arbeitnehmern bereits nach wenigen Jahren der Betriebszugehörigkeit eine ordentliche Unkündbarkeit begründet, häufig entgegenstehen.[2340] Das BAG hat erwogen, die Unwirksamkeit einer Kündigungsbeschränkung entsprechend § 10 S. 3 Nr. 7 AGG a.F. dann anzunehmen, wenn ihre Anwendung zur groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl führen würde.[2341] Dem Arbeitgeber kommen diese Erwägungen allerdings nicht zugute; er kann sich auf eine Unwirksamkeit der Klausel gegenüber dem begünstigten Arbeitnehmer nicht berufen, da diese nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit einzuschränken ist, als eine Sozialauswahl bei Herausnahme der unkündbaren Arbeitnehmer grob fehlerhaft würde.[2342] Zudem muss eine altersdiskriminierende Kündigungsbeschränkung nur in Bezug auf den hypothetisch benachteiligten Personenkreis unangewendet bleiben.[2343]

[2335] Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.8.2006, BGBl I 2006, 1897.
[2336] Aufgehoben durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsrentengesetzes, BGBl I 2006, 2742.
[2337] ErfK/Schlachter, § 10 AGG Rn 4.
[2339] Deren Unionssrechtskonformität bejahend BAG 5.11.2009 – 2 AZR 676/08, NZA 2010, 457.
[2340] Gaul/Naumann, ArbRB 2007, 15.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge