Rz. 114

Größere (insbesondere internationale) Unternehmen haben – oft unter dem Einfluss ausländischen Rechts – das Bedürfnis, erweiterte Erkenntnisse über Stellenbewerber zu erlangen oder erlangte Erkenntnisse zu überprüfen. Der US-amerikanische Sarbanes-Oxley Act[264] z.B. verpflichtet nicht nur börsennotierte US-Unternehmen, sondern auch deren ausländische Töchter, einen Ethik-Kodex einzuführen ("Code of ­Ethics"), um moralisch integre Verhaltensweisen im Wirtschaftsleben zu fördern. In diesem Zusammenhang wird insbesondere der strafrechtliche Hintergrund von Bewerbern untersucht sowie deren finanzielle Situation, Gesundheitszustand und psychische Verfassung.[265]

Für derartige Backgroundchecks bestehen dieselben Schranken wie für die direkte Informationsgewinnung. Auch hier ist der Arbeitgeber auf Themen beschränkt, die in einem sachlich inneren Zusammenhang mit dem zu besetzenden Arbeitsplatz stehen, die für die Tätigkeit des Unternehmens von Bedeutung sind und die den geschützten Persönlichkeitsrechten des jeweiligen Bewerbers nicht zuwiderlaufen. Hiernach beschränkt sich der Anspruch auf die Beschaffung solcher Informationen, die bestätigen, ob der Bewerber die zulässigerweise gestellten Fragen wahrheitsgemäß beantwortet hat.

 

Rz. 115

Die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses kann, obwohl sich so ein evtl. krimineller Hintergrund objektiv prüfen ließe, schon deshalb nicht gefordert werden, weil das Führungszeugnis auch Erkenntnisse über solche Straftatbestände gäbe, die zu dem Arbeitsverhältnis keinen Bezug haben.[266] Anders wird dies dagegen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gesehen.[267] Soweit das Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde dient, wird diese es ohnehin direkt anfordern und auf dem Behördenweg erhalten.

 

Rz. 116

Wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse eines Bewerbers dürfen nur dann hinterfragt werden, wenn dieser sich auf eine besondere Vertrauensposition oder auf eine leitende Stellung bewirbt.[268] Problematisch ist aber auch in diesem Zusammenhang, dass z.B. eine SCHUFA-Auskunft i.d.R. vom Bewerber nicht verlangt werden kann, weil diese in aller Regel – in standardisierter Form – mehr Informationen enthält als für den Arbeitsplatz relevant sind.

 

Rz. 117

Ob ein Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren medizinische Unterlagen oder Untersuchungen verlangen kann ist eine Frage der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Bewerbers und dem Informationsrecht des Arbeitgebers. Das Fragerecht zu Krankheiten beschränkt sich auch insoweit auf Bereiche, die für die konkret in Aussicht genommene Beschäftigung relevant sind.[269]

[264] Vgl. hierzu Block, BKR 2003, 774; Kersting, ZIP 2003, 233.
[265] Hierzu ausführlich Thum/Szczesny, BB 2007, 2405.
[267] Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 26 Rn 37.

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