Rz. 71

Die Frage nach einer Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit war bisher – im Gegensatz zu den bloßen Alkoholgewohnheiten, die die Privatsphäre des Bewerbers betreffen[155] – grds. zulässig.[156] Aus medizinischer Sicht handelt es sich um eine Krankheit, die auf negative Auswirkungen für die psychische und physische Leistungsfähigkeit schließen lässt, insbesondere bei gefährlichen oder sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, z.B. Kraftfahrer, Pilot, Gerüstbauer etc.[157]

 

Rz. 72

Problematisch ist die Frage allerdings vor dem Hintergrund des AGG, da eine Drogensucht von der Rechtsprechung als Krankheit eingestuft wird.[158] Denn trotz einer vom EuGH entwickelten begrifflichen Abgrenzung[159] bleiben auch nach Auffassung des EuGH Krankheiten denkbar, die besonders bei langer Dauer gleichzeitig eine Behinderung darstellen. Im Einzelfall kann die Frage nach bestimmten Erkrankungen eine Erkundigung nach einer Behinderung darstellen und eine Ungleichbehandlung i.S.d. AGG indizieren.[160] Bis zur endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung ist daher nicht auszuschließen, dass hier eine Diskriminierung wegen einer Behinderung in Betracht kommt. Die Definition der Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX ist jedenfalls sehr weit gefasst.[161] Einstweilen sollte die Frage auf die vorgenannten sicherheitsrelevanten Fälle beschränkt werden.[162]

[155] MünchArbR/Buchner, § 41 Rn 98; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169.
[156] Tschöpe/Wisskirchen, Teil 1 C Rn 69 ff.; Bengelsdorf, NZA-RR 2004, 118.
[157] MünchArbR/Buchner, § 30 Rn 314.
[161] BT-Drucks 16/1780, 31.
[162] Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 171.

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