Rz. 17

Die in § 53 StPO genannten Angehörigen bestimmter Berufe (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Pfarrer) haben, solange sie nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden sind, ein Aussageverweigerungsrecht. Sind sie allerdings von der Schweigepflicht entbunden, müssen sie (mit Ausnahme der Pfarrer § 53 Abs. 2 StPO) aussagen.

 

Rz. 18

 

Achtung: Vorlage eines ärztlichen Attestes

Die Rechtsprechung sieht in der Vorlage eines ärztlichen Attestes eine konkludente umfassende Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, so dass der Richter dann ohne Weiteres dem Arzt ergänzende Fragen stellen kann (Schleswig-Holsteinisches OLG zfs 2006, 53).

 

Rz. 19

Hat der Angeklagte umfassend geschwiegen, darf aus seiner Weigerung, einen Zeugen von der Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, kein für ihn nachteiliger Schluss gezogen werden (BGH NJW 2000, 1426).

Das ist allerdings anders zu beurteilen, wenn er sich z.T. eingelassen hat; denn dann hat er sich selbst zu einem Beweismittel gemacht, so dass sein gesamtes Verhalten - auch seine Weigerung, den Zeugen von der Schweigepflicht zu entbinden - der tatrichterlichen Beweiswürdigung unterliegt. In einem solchen Fall ist der Richter nicht gehindert, aus der Weigerung negative Schlüsse für den Angeklagten zu ziehen (BGHSt 20, 298).

 

Rz. 20

 

Tipp: Verwertungsverbot

Die nach Widerruf der Entbindungserklärung gemachten Aussagen eines der beruflichen Schweigepflicht unterliegenden Zeugen dürfen nicht mehr verwertet werden, wenn er nicht in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Widerrufserklärung Angaben gemacht hat (BGH NJW 1996, 2435).

 

Rz. 21

 

Achtung: Sachverständige

Der von der Verteidigung beauftragte Sachverständige hat nach h.M. kein Aussageverweigerungsrecht nach § 53a StPO (LG Essen StraFo 1996, 92).[2]

Gegen diese Auffassung wendet sich mit guten Gründen Krause.[3]

 

Rz. 22

Diese Rechtsprechung kann sich vor allem in Verkehrsstrafsachen für den Angeklagten dann nachteilig auswirken, wenn das Gericht von einer von der Verteidigung veranlassten Beauftragung des Sachverständigen Kenntnis erhält, z.B. dadurch, dass der Sachverständige auf Einsicht in die Original-Akten angewiesen ist. Das Gericht kann dann nämlich den Sachverständigen als Zeugen auch zu dem hören, was er von dem Angeklagten erfahren hat.

 

Rz. 23

 

Taktik

Deshalb sollte in kritischen Fällen der Sachverständige die Originalakte beim Verteidiger einsehen. Der Verteidiger darf zwar grundsätzlich Dritten keine Akteneinsicht gewähren, das ist jedoch anders, wenn der Verteidiger den Sachverständigen zu seiner Hilfsperson gemacht hat.

[2] Meyer-Goßner/Kleinknecht, § 53a Rn 2.
[3] StraFo 1998, 1 ff.

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