a) Vorüberlegungen

 

Rz. 37

Prozesshandlungen vor dem Bundesgerichtshof können nur von solchen Rechtsanwälten vorgenommen werden, die am Bundesgerichtshof postulationsfähig sind (§ 78 Abs. 1 S. 3 ZPO, § 164 BRAO).[84] Die Zulassung am Bundesgerichtshof ist ausschließlich; die am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte unterliegen dem Lokalisationszwang, vgl. § 172 Abs. 1 S. 1 BRAO. Das bedeutet, dass die in der Berufungsinstanz unterlegene Partei zur Durchführung der Revision grundsätzlich einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt mit der Interessenvertretung beauftragen muss.

[84] Zur Rechtsanwaltschaft beim BGH aus rechtshistorischer Sicht vgl. Nassall, JZ 2009, 1086.

b) Prozesshandlungen zur Vorbereitung der Revision vor dem Berufungsgericht

 

Rz. 38

Mit der Zustellung des Berufungsurteils bleibt der Berufungsanwalt für Prozesshandlungen verantwortlich, die nach Zustellung des Berufungsurteils vor dem Berufungsgericht vorgenommen werden können.[85]

 

Rz. 39

 

Beispiele

So bleibt der Berufungsanwalt zuständig für die

Urteilsberichtigung gem. § 319 ZPO (z.B. wenn nur aus den Urteilsgründen hervorgeht, dass die Revision zugelassen werden soll, eine Revisionszulassung aber nicht im Tenor des Berufungsurteils aufgenommen worden ist),
für die Tatbestandsberichtigung gem. § 320 ZPO (z.B. wenn aus dem Berufungsurteil Tatsachen als streitig dargestellt werden, die in Wirklichkeit unstreitig sind) und
für die Urteilsergänzung gem. § 321 ZPO (z.B. wenn ein Vorbehalt fehlt, den der Beklagte benötigt, um seine Rechte im Nachverfahren geltend machen zu können).[86]
[85] Musielak/Voit/Weth, § 78 Rn 14.
[86] MüKo-ZPO/Toussaint, § 78 Rn 42.

c) Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beauftragung des Revisionsanwalts

 

Rz. 40

Bis wann der Revisionsanwalt spätestens beauftragt werden muss, geben die Fristen zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 1 S. 2 ZPO) und zur Revisionseinlegung (§ 548 ZPO) vor. Danach muss der Revisionsanwalt – ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils gerechnet – vor Ablauf eines Monats beauftragt werden.

 

Rz. 41

 

Hinweis

Da es sich bei den Fristen zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und zur Revisionseinlegung um Notfristen handelt, kommt eine Beauftragung des Revisionsanwalts gegebenenfalls auch noch nach Fristablauf in Betracht, solange mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. der Revisionseinlegung ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden werden kann. Dabei ist darauf zu achten, dass die Wiedereinsetzungsfrist gem. § 234 Abs. 1 ZPO eine Zweiwochenfrist ist und mit dem Tag beginnt, an dem die Ursache der Fristverhinderung beseitigt oder das Fortbestehen des Hindernisses von der Partei oder ihrem Vertreter nicht mehr verschuldet ist.[87]

 

Rz. 42

Erfolgt keine Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, muss zur Bestimmung des Zeitraumes, innerhalb dessen die unterlegene Partei noch einen Revisionsanwalt beauftragen kann, differenziert werden: Soll Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden, bleibt hierzu bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Urteilsverkündung genügend Zeit, § 544 Abs. 1 S. 2 ZPO. Ist die Revision demgegenüber vom Berufungsgericht zugelassen worden, beginnt die Revisionsfrist spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach Urteilsverkündung zu laufen, § 548 ZPO.

[87] Zöller/Greger, § 234 Rn 5 ff.

d) Die Mitwirkung bei der zur Durchführung des Revisionsverfahrens erforderlichen Entscheidungsfindung

 

Rz. 43

Der Berufungsanwalt hat seinen Mandanten über die Revisionsmöglichkeit zu belehren. Er muss deswegen prüfen,

ob die Einlegung einer Revision oder einer Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ist und
bis wann die Revisionseinlegung oder die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen muss.
 

Rz. 44

 

Hinweis

Über die Erfolgsaussichten der Revision muss sich der Berufungsanwalt nicht äußern, weil die Abgabe einer solchen Einschätzung nicht Gegenstand des ihm erteilten Berufungsauftrages ist. Gleichwohl ist es üblich, dass der Berufungsanwalt die ergangene Entscheidung kurz kommentiert und dem Mandanten gegenüber eine Einschätzung dahingehend abgibt, ob es lohnend ist, einen Revisionsanwalt mit der Überprüfung der Erfolgsaussichten der Revision zu beauftragen.

e) Die Rechtsanwaltsgebühren für die Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten der Revision

 

Rz. 45

Nimmt der Berufungsanwalt zu den Erfolgsaussichten der Revision Stellung, kann er dafür eine 1,3-Gebühr nach §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 2101 VV abrechnen, wenn er von dem Mandanten damit beauftragt worden ist, über die Aussichten der Revision ein schriftliches Gutachten zu erstellen. Wird der Rechtsanwalt ohne Auftrag tätig, entsteht ihm kein Gebührenanspruch.[88] Derartige Gutachten fallen weder unter die allgemeine Gutachtengebühr (Nr. 2103 VV) noch unter die Erstberatungsgebühr (Nr. 2102 VV). Abrechnungsgrundlage für die Gebühr nach Nr. 2101 VV ist die jeweilige Beschwer.

[88] BeckOK-RVG/Hofmann, VV 2101 RVG Rn 2.

f) Das Auftragsschreiben an den Revisionsanwalt

 

Rz. 46

Soll das Revisionsverfahren durchgeführt werden, muss der Berufungsanwalt den übernahmewilligen[89] Revisionsanwalt darüber informieren,

für wen er in der Revisionsinstanz tätig werden soll,[90]
gegen welches Urteil Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden soll,[91]
wer der Gegner ist,[92]
wann das anzugreifende Urteil zugestellt worden ist und ...

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