a) Ausgangslage

 

Rz. 28

Mit der Zustellung des Berufungsurteils beginnen mehrere Fristen zu laufen, die der Berufungsanwalt mit Vorfrist im Fristenkalender notieren lassen muss.[69] Folgende Fristen sind von Relevanz:

[69] Vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei der Berufung: Kramer, S. 28 ff.

b) Die Tatbestandsberichtigungsfrist

 

Rz. 29

Zur Bedeutung der Tatbestandsberichtigungsfrist für das Revisionsverfahren gelten sinngemäß die Ausführungen zum Berufungsrecht. Genauso wie für das Berufungsgericht der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils maßgeblich ist (§ 529 ZPO), unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur das Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist (§ 559 Abs. 1 S. 1 ZPO). Weist das Berufungsgericht den Tatbestandsberichtigungsantrag zurück, gibt es hiergegen grds. keine Rechtsbehelfe, § 320 Abs. 4 S. 4 ZPO. Die h.M. lässt jedoch eine Anfechtung mittels sofortiger Beschwerde dann zu, wenn das Gericht einen Berichtigungsantrag ohne jede sachliche Prüfung aus formalen Gründen zurückweist.[70]

[70] BVerfG 2005, 657, 658; OLG Düsseldorf NJW-RR 2004, 1723; MüKo-ZPO/Musielak, § 320 Rn 11.

c) Die Urteilsergänzungsfrist

 

Rz. 30

Eine Fehlerkorrektur durch Revision ist grundsätzlich nicht möglich, wenn die belastete Partei eine entsprechende Fehlerkorrektur durch Urteilsergänzung hätte erreichen können.[71] Ein von der Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch ist im Sinne von § 321 Abs. 1 ZPO übergangen, wenn das Gericht über einen prozessualen Anspruch, der entweder von Amts wegen oder wegen des gestellten Antrages einer Entscheidung bedurft hätte, versehentlich nicht entschieden hat.[72] Mit einem Rechtsmittel gegen das Urteil selbst ist die Ergänzung in diesen Fällen grundsätzlich nicht zu erreichen, weil die Beschwer nicht in der getroffenen, sondern in der versehentlich unterlassenen Entscheidung liegt.[73]

 

Rz. 31

Auch hier gilt nach Zustellung des Berufungsurteils sinngemäß dasselbe, was nach der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils gilt. Das Ergänzungsurteil ist selbstständiges Teilurteil und nach den allgemeinen Bestimmungen revisibel, wobei sich die Zulässigkeit der Revision gegen das Ergänzungsurteil nur nach dessen Inhalt beurteilt.[74] Eine Ausnahme gilt für die Kostenentscheidung. Diese ist im Hinblick auf § 99 ZPO nicht anfechtbar, es sei denn, dass auch gegen das Haupturteil Revision eingelegt worden ist; in diesem Fall kann mit einer Revision gegen das Ergänzungsurteil auch eine Korrektur der Kostenentscheidung angestrebt werden.[75]

[72] BGH NJW-RR 1996, 1238; OLG Hamm NJW-RR 2000, 1524.
[73] MüKo-ZPO/Musielak, § 321 Rn 12.
[75] BeckOK-ZPO/Elzer, § 321 Rn 53.

d) Die Revisionsfrist bei Zulassung der Revision

 

Rz. 32

Gem. § 548 ZPO beträgt die Frist für die Einlegung der Revision einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Ausführungen zur Berufungsfrist gelten sinngemäß.[76] Hat das Berufungsgericht ein Ergänzungsurteil erlassen, beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung auch für die Revision gegen das zuerst ergangene Urteil; § 518 ZPO gilt entsprechend.[77]

[76] Saenger/Koch, § 548 Rn 1.
[77] Saenger/Koch, § 548 Rn 1.

e) Die Einlegungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde

 

Rz. 33

Gem. § 544 Abs. 1 S. 2 ZPO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen.

 

Rz. 34

 

Hinweis

Zur Fristberechnung gelten auch hier sinngemäß die Ausführungen für die Berechnung der Berufungsfrist.[78]

[78] Saenger/Koch, § 544 Rn 8.

f) Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 35

Genauso wie in der Berufungsinstanz kann in der Revisionsinstanz die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt werden (§ 719 Abs. 2 ZPO). Die Ausführungen zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung in der Berufungsinstanz gelten sinngemäß. Wichtigste Voraussetzung für den Antrag ist die Darlegung eines unersetzbaren Nachteils. Nicht ausreichend ist die Darlegung solcher Nachteile, die mit der Vollstreckung des betreffenden Titels[79] oder mit der Vorwegnahme des Prozessergebnisses verbunden sind.[80] Regelmäßig versagt wird die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung auch dann, wenn der Revisionskläger einen entsprechenden Antrag bereits in der Berufungsinstanz hätte stellen können.[81] Aufgrund der strengen Anforderungen, die die Rechtsprechung an den dem Schuldner drohenden Nachteil stellt, kommt eine Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur in wenigen Ausnahmenfällen in Betracht.[82]

 

Rz. 36

 

Hinweis

Der Antrag hat in der Praxis grundsätzlich nur dann Erfolgsaussichten, wenn in der Revisionsinstanz neue Gründe für den Antrag entstanden sind.[83]

[80] BGH ZUM 2015, 53.
[81] BGH NJW 1996, 1970; BGH NJW 1996, 2103.
[82] Saenger/Kindl, § 719 Rn 5.

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