a) Die anwaltliche Vorgehensweise

 

Rz. 15

Obwohl das Berufungsgericht gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO von Amts wegen[42] über die Zulassung der Revision entscheidet, ist eine ausdrückliche Antragstellung sinnvoll, denn bei vergessener Entscheidung über die Revisionszulassung gilt die Revision vom Berufungsgericht als nicht zugelassen.[43]

[42] BGH NJW 1966, 931.
[43] OLG Zweibrücken FamRZ 1980, 614.

b) Die Zulassungskompetenz des Berufungsgerichts

 

Rz. 16

Die Zulassungskompetenz des Berufungsgerichts darf im Hinblick auf den eingeschränkten Anwendungsbereich der Nichtzulassungsbeschwerde keinesfalls unterschätzt werden. Die Nichtzulassungsbeschwerde findet nämlich bis einschließlich 31.12.2019 nur für solche allgemeinen Zivilsachen Anwendung, bei denen der Wert der mit der Revision geltend gemachten Beschwer mindestens 20.000 EUR übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Maßgebend für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist nicht die Beschwer aus dem Berufungsurteil, sondern der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren. Der Beschwerdeführer muss daher innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, erstrebt.[44]

 

Rz. 17

 

Hinweis

Auch wenn der Revisionskläger grundsätzlich Nichtzulassungsbeschwerde einlegen könnte, lohnt der Versuch, eine Revisionszulassung bereits durch das Berufungsgericht zu erreichen, weil das Revisionsgericht gem. § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden ist – und zwar selbst dann, wenn die Entscheidung fehlerhaft ist, weil die Zulassungsvoraussetzungen nicht vorliegen[45]  – und es bei der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht auf die Mindestbeschwer ankommt.

 

Rz. 18

Das Berufungsgericht darf die Revisionszulassung nicht auf bestimmte Rechtsfragen beschränken. Allerdings ist es möglich, die Revision hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zuzulassen, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte.[46] Die beschränkte Zulassung der Revision kann sich sowohl aus dem Entscheidungssatz des Berufungsurteils ergeben als auch aus den Entscheidungsgründen. Bei der Auslegung der Entscheidungsgründe sind die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO zu beachten.[47]

[45] MüKo-ZPO/Krüger, § 543 Rn 50.

c) Beschränkte Revisionszulassung

 

Rz. 19

Zwar scheint nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO eine beschränkte Revisionszulassung nicht möglich zu sein ("wenn" statt "soweit"). Gleichwohl ist die beschränkte Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht vom Bundesgerichtshof anerkannt.[48] Sie ist möglich:

bei der subjektiven Klagehäufung im Hinblick auf die Ansprüche einzelner (einfacher) Streitgenossen,[49]
bei der objektiven Klagehäufung im Hinblick auf einzelne selbstständig abgrenzbare prozessuale Ansprüche,[50]
bezogen auf einen Teil des Streitstoffs, wenn dieser teilurteilsfähig i.S.v. § 301 ZPO ist.[51]
 

Rz. 20

Demgegenüber ist eine Beschränkung der Revision nicht zulässig,

wenn der Streitstoff Gegenstand eines Zwischenurteils nach § 303 ZPO sein könnte,[52]
bei Beschränkung der Revision auf einzelne Anspruchsgrundlagen,[53]
bei Beschränkung der Revision auf einzelne prozessuale Vorfragen,[54]
bei Beschränkung der Revision auf das Mitverschulden, es sei denn, das Berufungsgericht wäre befugt gewesen, zunächst ein Grundurteil zu erlassen und das Mitverschulden im Betragsverfahren zu berücksichtigen,[55]
bei Beschränkung der Revision auf die Verjährung eines Anspruches,[56]
bei Beschränkung der Revision auf das Zurückbehaltungsrecht.[57]
 

Rz. 21

 

Hinweis

An eine verfahrenswidrige Beschränkung der Revision durch das Berufungsgericht ist der BGH nicht gebunden. Die Revision kann in einem solchen Fall uneingeschränkt zulässig sein, selbst wenn das Berufungsgericht die Zulassung in mehrfacher Hinsicht beschränkt hat.[58] In Betracht kommt aber auch die Umdeutung einer unzulässigen Beschränkung in eine zulässige Beschränkung.[59] Es wird berichtet, dass sich das Revisionsgericht in einer Vielzahl von Entscheidungen mit der Klärung der Frage beschäftigt, ob eine Beschränkung vorliegt, welchen Umfang die Beschränkung hat und ob die Beschränkung wirksam ist.[60] Das bedeutet, dass der Rechtsanwalt bereits im Berufungsverfahren einschätzen muss, ob und in welchem Umfang eine Beschränkung der Revision vorliegt und ob diese wirksam ist.

[49] BGH NJW 1995, 2034, 2036.
[50] BGH NJW 1995, 1955, 1956.
[51] MüKo-ZPO/Krüger, § 543 Rn 39.
[52] Büttner/Bretter, NJW 2009, 1905, 1906.
[54] BGH NJW 2008, 1312, 1313.
[56] BGH NJW 2008, 1312, 1313.
[57] BGH NJW 2008, 1312, 1313.
[58] BGH NJW-RR 2008, 1119, 1120; BGH NJW 2008, 1312.
[59] BGH NJW 1987, 2586, 2587.
[60] Büttner/Tretter, NJW 2009, 1906, 1907.

d) Risiken bei beschränkter Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht

 

Rz. 22

Der Rechtsanwalt ...

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