Rz. 17

Bei Eingabefehlern oder irrtümlicher Absendung eines Angebots oder einer Vertragsannahme kann die Erklärung gem. § 119 BGB wegen Erklärungsirrtums angefochten werden.[48] Die Verwendung von falschem Datenmaterial begründet dagegen als Irrtum bei der Erklärungsvorbereitung kein Anfechtungsrecht.[49]

 

Rz. 18

Ein Beispiel für die erfolgreiche Anfechtung eines Schreibfehlers bietet der Fall eines versehentlichen Mindestgebots von 100 EUR statt 1.000 EUR, das der Verkäufer durch vorausgegangene E-Mails nachweisen konnte, welche die Preisverhandlungen dokumentierten.[50] Dagegen gelang es einem Verkäufer im Rahmen einer eBay-Versteigerung nicht, den Nachweis zu führen, dass er die erste Ziffer eines 5-stelligen Kaufpreises versehentlich mit 1 statt mit 2 eingegeben hatte.[51] Eine versehentlich falsche Preisauszeichnung des Verkäufers im Internet berechtigt nach Vertragsabschluss nicht mehr zur Anfechtung, wenn bei Abgabe der Annahmeerklärung nicht nochmals eine Falscheingabe erfolgt, sondern die Vertragsannahme per E-Mail mit Auto-Reply-Funktion abgegeben wird.[52] Es liegt dann nur ein nach § 119 BGB unbeachtlicher Irrtum darüber vor, die Preisangabe sei die zutreffende (wie bei einer Falschauszeichnung der Ware im Schaufenster).

 

Rz. 19

Ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum wird aber bejaht, wenn der Tippfehler bei der Preisangabe erfolgt ist, gespeichert wurde und auf die spätere Kundenbestellung hin selbsttätig, also ohne nochmaliges Zutun ausgeworfen wird.[53] Wird der Verkaufspreis korrekt in ein Warenwirtschaftssystem eingegeben und später durch einen Datentransferfehler geändert, so liegt ebenfalls ein anfechtbarer Erklärungsirrtum i.S.d. § 119 BGB vor.[54]

 

Rz. 20

Die Anfechtung muss unverzüglich i.S.d. § 121 BGB erfolgen, das heißt innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist.[55] Ein Zeitraum von über 5 Wochen wurde als zu lang beurteilt.[56] Obergrenze ist in der Regel 2 Wochen.[57]

[48] BGH NJW 2005, 976; AG Westerburg CR 2003, 699; Palandt/Ellenberger, § 119 Rn 10.
[49] LG Köln CR 2003, 613; AG Herford CR 2003, 934.
[50] OLG Oldenburg NJW 2004, 168 = CR 2004, 298.
[52] AG Herford CR 2003, 934; LG Köln CR 2003, 613; a.A. OLG Frankfurt CR 2003, 450.
[53] AG Lahr CR 2006, 568.
[54] BGH NJW 2005, 976 = CR 2005, 355.
[56] AG Westerburg CR 2003, 699.
[57] OLG Hamm NJW-RR 1990, 523; OLG Jena OLG-NL 2000, 37.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge