Rz. 1

Kaufverträge können auch im elektronischen Geschäftsverkehr, insbesondere auch über das Internet, abgeschlossen werden. Im Gebrauchtfahrzeughandel hat die Bedeutung des Internet als vertragsanbahnender Verkaufskanal zwar stark zugenommen, Vertragsabschlüsse sind aber noch die Ausnahme.[1]

 

Rz. 2

Im geschäftlichen Verkehr über Internet-Verkaufsplattformen gelten hinsichtlich des Zustandekommens von Verträgen die allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. BGB.[2]

 

Rz. 3

Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, insbesondere Vertragsangebot und -annahme, werden im www (world wide web) per Mausklick oder durch Drücken der Returntaste, bei der E-Mail mit der Erteilung des Sendebefehls abgegeben.[3] Willenserklärungen an einen Empfänger, der im Rechtsverkehr mit E-Mail-Adresse auftritt (z.B. auf Geschäftspapierbögen), gehen mit dem Eingang im Empfangsbriefkasten des Providers zu, beim Eingang zur Unzeit am folgenden Tag,[4] wobei nach richtiger Auffassung hinzukommen muss, dass die E-Mail abrufbereit in der Mailbox des Empfängers angekommen ist.[5] Bei direkter Übermittlung nicht über einen Provider geht sie dem Empfänger mit dem Passieren der Schnittstelle zu ihm zu.[6]

 

Rz. 4

Wird im Geschäftsverkehr keine E-Mail-Adresse benutzt, kann allein das Unterhalten einer Mailbox noch nicht als uneingeschränkte Bereitschaft zur jederzeitigen Entgegennahme rechtserheblicher Erklärungen verstanden werden.[7] Nur der Empfänger, der mit E-Mails am geschäftlichen Verkehr teilnimmt, muss sich also bei Eingang in der Mailbox so behandeln lassen, als ob er sie rechtzeitig erhalten hätte.[8]

 

Rz. 5

Bei Eingabefehlern[9] oder irrtümlicher Absendung[10] kann die Erklärung gem. § 119 BGB wegen Erklärungsirrtums angefochten werden (vgl. Rdn 17).

 

Rz. 6

 

Praxistipp

Angebot, Bestellung und allgemeine Geschäftsbedingungen des Verkäufers sollte man sich als Käufer vorher ausdrucken lassen.

 

Rz. 7

Eine über das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung ist im Zweifel noch nicht als konkretes Vertragsangebot, sondern als unverbindliche "invitatio ad offerendum" (Einladung zum Angebot) aufzufassen,[11] falls sich nicht aus den AGB des Verkäufers etwas anderes ergibt.[12] In der Regel ist also die Bestellung des Kunden – z.B. durch Betätigen des Button "jetzt bestellen" – erst das Angebot,[13] welches dann per E-Mail, Fax, Brief, Anruf oder durch Warenzusendung (§ 151 BGB) vom Verkäufer angenommen werden muss.[14]

 

Rz. 8

Ein verbindliches Angebot des Verkäufers, welches sofort angenommen werden kann, wird aber in der Einstellung eines Fahrzeugs oder Zubehörteils in den Internetseiten von eBay unter der Option "Sofortkauf" gesehen.[15] Ein Verkäufer hatte unter Verkennung der Option "Sofortkauf" einen Anhänger für 1 EUR eingestellt und wurde nach erfolgter Annahme durch einen Käufer zur Lieferung Zug um Zug gegen Zahlung von 1 EUR verurteilt, weil er seinen Vortrag nicht beweisen konnte, er habe sich vertan und statt des Fensters "Startpreis" versehentlich die Option "Sofort-Kaufen" angeklickt, so dass eine Anfechtung gem. § 119 BGB nicht wirksam wurde.

 

Rz. 9

Die Annahme muss ausdrücklich ohne Einschränkung erklärt werden. Es genügt weder die Ankündigung der Lieferung noch die Lieferung falscher Ware.[16] Auch die durch § 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB für den Fernabsatzvertrag geforderte Zugangsbestätigung genügt nicht.[17] So wurde in der Bestätigung des Verkäufers, dass er den Auftrag umgehend bearbeitet (nicht ausführt) und sich für die E-Mail (nicht den Auftrag) bedankt, nur eine Zugangsbestätigung, jedoch nicht eine Annahmeerklärung gesehen.[18]

 

Rz. 10

Als Annahme wurde dagegen bewertet, wenn der Absender den Empfänger mit einer automatisch versendeten E-Mail als Kunden anspricht, sich bei ihm für den Auftrag bedankt und mitteilt, dass sein Auftrag nunmehr bearbeitet werde,[19] oder bald ausgeführt werde.[20]

 

Rz. 11

Wer im Internet bei Rechtsgeschäften die Kennung (sog. "Mitgliedsname") eines anderen benutzt, handelt "unter" (nicht "in") fremdem Namen i.S.d. §§ 164 ff. BGB. Erfolgt die Willenserklärung mit Einwilligung des wahren Inhabers der verwendeten Kennung, kommt ein Geschäft des Namensträgers zustande. Wenn jedoch ohne das Wissen des Kennungsinhabers ein Gebot z.B. für den Kauf eines Fahrzeugs unter dessen Kennung angegeben wird, so haftet der Kennungsinhaber nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht auf Zahlung des Kaufpreises.[21] Wenn also der Kennungsinhaber bestreitet, das Angebot abgegeben zu haben, trägt der Verkäufer die Beweislast für die Identität des Annehmenden bzw. Meistbietenden.[22] Passwortsysteme führen nicht zur Umkehr der Beweislast.[23] Derjenige, der die Kennung eines Dritten zur Bestellung missbraucht, haftet dem Vertragspartner gem. § 179 BGB auf Schadensersatz.[24]

[1] Backu, DAR 2001, 106, 113.
[3] Geis, NJW 1997, 3000; Scherer/Butt, DB 2000, 1009.
[4] Ultsch, NJW 1997, 3007; Vehslage, DB 2000, 1803.
[5] Taupitz/Knitter, JuS 1999, 839, 841.
[6] Krüger/Büttner, WM 2001, 228.
[7] Ta...

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