Rz. 12

 

§ 1610 Maß des Unterhalts

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

Anders als bei minderjährigen Kindern, die ihre Lebensstellung von den Eltern ableiten und deren Regelbedarf deshalb an das Einkommen der Eltern bzw. eines Elternteils gekoppelt ist (vgl. die einkommensabhängigen Bedarfsbeträge der DT), kommt es beim Elternunterhalt auf die aktuelle Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten an. So begründet eben ein notwendiger Pflegeheimaufenthalt einen Monatsbedarf von mehreren tausend EUR.

Der Bedarf ergibt sich also aus den notwendigen Heimkosten und einem zusätzlichen Barbetrag.

 

BGH, Beschl. v. 5.6.2019 – XII ZB 44/19 Rn 8

Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich gemäß § 1610 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Lebensstellung eines in einem Pflegeheim wohnenden Elternteils wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch seine Heimunterbringung bestimmt.

Sein Unterhaltsbedarf im Sinne von § 1610 BGB deckt sich daher regelmäßig mit den für die Heimunterbringung anfallenden Kosten zuzüglich eines kleineren Barbetrags zur Finanzierung der von den Leistungen der Pflegeeinrichtung nicht erfassten Bedürfnisse (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12.9.2018 – XII ZB 384/17, FamRZ 2018, 1903 Rn 11 und BGHZ 206, 25 = FamRZ 2015, 1594 Rn 25 f.; Senatsurteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10, FamRZ 2013, 203 Rn 15 m.w.N.). Kann ein pflegebedürftig gewordener Elternteil die Kosten seiner stationären Pflege aus eigenem Einkommen und Vermögen nicht vollständig bestreiten, steht ihm ein ergänzender Anspruch auf Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (§§ 61 ff. SGB XII) zu. Zu dem dann in Betracht kommenden Übergang bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsansprüche gegen die Kinder bestimmt § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII das Folgende:

 

BGH, Urt. v. 21.11.2012 – XII ZR 150/10 Leitsatz 1

Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens.

 

BGH, Beschl. v. 7.10.2015 – XII ZB 26/15 Rn 22

Zwar hat das Oberlandesgericht zutreffend gesehen, dass sich der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils regelmäßig nach den Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für Bedürfnisse des täglichen Lebens gemäß § 27b Abs. 2 SGB XII (in der seit 1.1.2011 gültigen Fassung vom 24.3.2011, BGBl I S. 453) richtet (vgl. zum Barbetrag zuletzt Senatsbeschluss vom 17.6.2015 – XII ZB 458/14, FamRZ 2015, 1594 Rn 26 m.w.N.).

Der unterhaltsrechtliche Bedarf kann vom sozialrechtlichen abweichen.

 

BGH, Beschl. v. 17.6.2015 – XII ZB 458/14 Rn 25

Nach der Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Unterhaltsbedarf des Elternteils regelmäßig durch seine Unterbringung in einem Heim und deckt sich mit den dort anfallenden Kosten, soweit diese notwendig sind (Senatsurteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10, FamRZ 2013, 203 Rn 15 m.w.N.). Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Kosten können sozialhilferechtliche Kriterien zwar einen Anhalt für die Angemessenheit bieten. Wegen der bestehenden Bandbreite von der Sozialhilfe anerkannter Pflegekosten und Kosten der Unterkunft und Verpflegung (sogenannte Hotelkosten) sowie der unterschiedlichen Investitionskosten können sozialrechtlich und unterhaltsrechtlich anzuerkennende Kosten aber voneinander abweichen (Senatsurteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10, FamRZ 2013, 203 Rn 16).

Maßgebend ist die aktuelle Lebenssituation, nicht die frühere bessere.

 

BGH, Urt. v. 21.11.2012 – XII ZR 150/10 Rn 15 ff.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Unterhaltsbedarf des Elternteils regelmäßig durch seine Unterbringung in einem Heim und deckt sich mit den dort anfallenden Kosten, soweit diese notwendig sind (vgl. Urteile BGHZ 152, 217, 224 = FamRZ 2002, 1698, 1700 m.w.N. und vom 25.6.2003 – XII ZR 63/00, FamRZ 2004, 186, 187). Stellt der Unterhaltspflichtige die Notwendigkeit der Kosten in Abrede, so ist von ihm regelmäßig ein substantiiertes Bestreiten zu verlangen (Urteil BGHZ 152, 217, 224 = FamRZ 2002, 1698, 1700). …

bb) Ein an der früher besseren Lebensstellung des Elternteils orientierter höherer Standard ist grundsätzlich nicht mehr angemessen im Sinne von § 1610 Abs. 1 BGB (a.A. OLG Schleswig OLGR 2003, 407). Denn der angemessene Lebensbedarf der Eltern richtet sich nach deren konkreter (aktueller) Lebenssituation (vgl. Urt. v. 19.2.2003 – XII ZR 67/00, FamRZ 2003, 860, 861 sowie Urt. v. 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629 Rn 28 f. m.w.N. und vom 4.8.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633 Rn 32 f. zum angemessenen Be...

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