Rz. 31

Nach § 9 TzBfG hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bevorzugt zu berücksichtigen, wenn ihm – neben weiteren Voraussetzungen – der Arbeitnehmer seinen Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat. Seit dem 1.1.2019 bedarf diese Anzeige der Textform; wörtlich verstanden wäre das systemwidrig.

 

Rz. 32

Denn sprachlich wie inhaltlich scheint es sich in § 9 TzBfG um dieselbe Anzeige zu handeln, die auch in § 7 Abs. 3 TzBfG n.F. (bisher Abs. 2) erwähnt ist und dort die Informationspflicht des Arbeitgebers auslöst. Einer besonderen Form bedarf die Anzeige nach § 7 Abs. 3 TzBfG hingegen auch nach der Gesetzesnovelle nicht. Sie muss dem Arbeitgeber lediglich zugehen, weil sie sonst keine Pflicht des Arbeitgebers auslösen kann. Sie muss außerdem hinreichend konkret sein; der Arbeitgeber muss eine Vorstellung davon gewinnen können, über welche Stellen er zu informieren hat. § 7 Abs. 3 TzBfG spricht von "entsprechenden" Arbeitsplätzen. Vor diesem Hintergrund sind richtigerweise die (niedrigen) Anforderungen an die Anzeige zu diskutieren – siehe dazu im Einzelnen bereits oben Rdn 12 f.

 

Rz. 33

Im Gefüge von § 9 TzBfG könnte dieselbe Anzeige richtigerweise keine Tatbestandsvoraussetzung, sondern ein lediglich deskriptives Merkmal sein. Einerseits bedarf es keiner besonderen Erwähnung, dass der Arbeitgeber nur einen solchen Teilzeitbeschäftigten bevorzugen kann, dessen Vorrangwunsch ihm bekannt ist. Andererseits kann für einen Anspruch des Teilzeitbeschäftigten darauf, im Rahmen einer konkreten Stellenbesetzung bevorzugt zu werden, nicht seine bloße (irgendwann einmal abgegebene) Anzeige eines Wunschs nach einer Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit genügen. Vielmehr bedarf es dazu einer auf die konkrete Stelle bezogenen Willenserklärung des Arbeitnehmers. Diese konkrete Erklärung kann keinesfalls dasselbe, sondern muss etwas gänzlich anderes sein als die naturgemäß zu dem früheren Zeitpunkt noch nicht konkretisierte Anzeige eines allgemeinen Wunschs nach Verlängerung der Arbeitszeit, die lediglich dazu gedacht ist, den Informationsanspruch nach § 7 Abs. 3 TzBfG geltend zu machen.

 

Rz. 34

Der verlängerungswillige Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber also über die eher pauschale Anzeige des Wunschs i.S.v. § 7 Abs. 3 TzBfG hinaus mitteilen, welche konkrete Stelle er gern mit erweiterter Arbeitszeit besetzen würde. Nur derart konkretisiert kann ein Anspruch auf Bevorzugung bestehen. Es handelt sich um nichts anderes als um eine interne Bewerbung. Und insoweit ist auch ein Textformerfordernis plausibel.

 

Rz. 35

Die Anzeige i.S.v. § 7 Abs. 3 TzBfG und die Anzeige nach § 9 TzBfG sind also voneinander verschieden.[22] Das kommt in der Gesetzesformulierung nicht zum Ausdruck, lässt sich aber neben dem vorstehend skizzierten Zusammenhang vor allem auch daran erkennen, dass die Anzeige des Wunschs in § 9 TzBfG der Textform bedarf, in § 7 Abs. 3 TzBfG n.F. dagegen keinem Formzwang unterliegt. Daraus kann nur gefolgert werden, dass der Gesetzgeber in § 9 TzBfG n.F. trotz identischer Formulierung nicht mehr einen abstrakt geäußerten Verlängerungswunsch meint, sondern die Formvorgabe auf die konkretisierte Stellenbewerbung bezieht, die auch nach bisherigem Recht schon Voraussetzung für den Bevorzugungsanspruch nach § 9 TzBfG gewesen ist.[23] Systemkonform spräche der Gesetzgeber in § 9 TzBfG nicht von einer Anzeige des Wunschs nach Arbeitszeitverlängerung, sondern von einer auf eine konkrete Stelle bezogenen Bewerbung.

 

Rz. 36

Richterweise ist § 9 TzBfG also nicht zweistufig aufgebaut. Es bedarf nicht zwingend erst der Anzeige eines (allgemeinen) Verlängerungswunschs und dann einer konkretisierten Bewerbung auf eine konkrete Stelle, sondern ausschließlich der Bewerbung in Textform. Bedarf der Arbeitnehmer der Information nach § 7 Abs. 2 TzBfG überhaupt nicht (weil er sie schon hat), kann sich der Arbeitnehmer vielmehr ohne vorherige Anzeige eines abstrakten Wunschs direkt auf eine konkrete Stelle mit längerer Arbeitszeit bewerben. Er ist dann nach Maßgabe von § 9 TzBfG bevorzugt zu berücksichtigen.[24]

 

Rz. 37

Anders als für die Anzeige i.S.v. § 7 Abs. 3 TzBfG genügt für die Anzeige/Bewerbung i.S.v. § 9 TzBfG n.F. inhaltlich nicht bereits die Anzeige eines unbestimmten bloßen Wunschs nach Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Da § 9 TzBfG als Rechtsfolge die Pflicht des Arbeitgebers enthält, den Arbeitnehmer bei Besetzung eines "entsprechenden freien Arbeitsplatzes" bevorzugt zu berücksichtigen, muss der Arbeitnehmer seinen Wunsch auf diesen Arbeitsplatz hin konkretisieren. Ausreichend ist insoweit – anders als in § 7 Abs. 3 TzBfG – nicht die Angabe einer ungefähren Zeitspanne als gewünschte neue Arbeitszeit.

 

Rz. 38

Die Anzeige i.S.v. § 9 TzBfG – also die Bewerbung – muss nicht begründet werden.[25]

 

Rz. 39

Die Anzeige ist empfangsbedürftig. Sie muss "dem Arbeitgeber" zugehen. Bei natürlichen Personen ist das der natürliche Arbeitgeber. Bei juristis...

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