Rz. 81

Ist die Stelle noch nicht besetzt, so ist der durch § 9 TzBfG gewährte Anspruch des Arbeitnehmers auf die Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers gerichtet, nämlich auf die Zustimmung zu einer vom Arbeitnehmer angebotenen Änderung der Arbeitsbedingungen.

 

Rz. 82

Da eine entsprechende Vertragsänderung erforderlich ist und da die gerichtliche Entscheidung lediglich die Willenserklärung des Arbeitgebers – nicht den gesamten Änderungsvertrag – ersetzen kann, bedarf es einer vorherigen Willenserklärung (Angebot, Bewerbung) des Arbeitnehmers. Zwar wird dieses Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages regelmäßig konkludent zumindest in der Klageerhebung zu sehen sein. Dennoch empfiehlt es sich, dem Arbeitgeber bereits im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung ein entsprechendes Angebot – nämlich die Bewerbung auf die entsprechende Stelle – zu übermitteln. Das wird regelmäßig der Fall sein, ehe es zum Streit vor Gericht kommt. Der beratende Anwalt sollte aber prüfen, ob ein etwa bereits geäußerter Wunsch den inhaltlichen – und seit dem 1.1.2019 auch formalen (Textform) – Anforderungen an das Angebot genügt.

 

Rz. 83

Möchte der Arbeitnehmer eine Stelle besetzen, die innerbetrieblich ausgeschrieben ist, so muss er die Textform wahren und kann sich inhaltlich z.B. wie folgt an den Arbeitgeber wenden:

 

Rz. 84

 

Formulierungsbeispiel

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beziehe mich auf die Ausschreibung des […] (nähere Bezeichnung des Arbeitsplatzes).

Ich erfülle die Voraussetzungen für diesen Arbeitsplatz und wünsche, meine bisherige Arbeitszeit von […] Stunden pro Woche auf […] Stunden pro Woche zu verlängern. Für diese Verlängerung kommt der ausgeschriebene Arbeitsplatz in Betracht.

Ich biete Ihnen deshalb an, meinen Arbeitsvertrag entsprechend der Ausschreibung als […] (nähere Bezeichnung) mit Wirkung zum […] zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen

[…] (Unterschrift)

 

Rz. 85

Bleibt die Zustimmung des Arbeitgebers daraufhin aus, muss der Arbeitnehmer Klage erheben auf Abgabe der Willenserklärung des Arbeitgebers, also auf Zustimmung zu seinem Vertragsänderungsangebot.[71] Dabei muss er besonders darauf achten, dass sein Klageantrag hinreichend bestimmt ist. Er muss einen i.S.v. § 894 ZPO vollstreckbaren Inhalt haben, also alles enthalten, was nach der Vorstellung des Klägers den Inhalt der Verpflichtung bilden soll. Deshalb gilt: Ist zwischen den Parteien außer der bloßen Verlängerung der Arbeitszeit alles unstreitig (insb. auch die Höhe der künftigen Vergütung), reicht der Antrag auf Abgabe der Willenserklärung (Annahme des klägerischen Angebots auf Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit). Demgemäß kann der Antrag des Arbeitnehmers wie folgt lauten:

 

Rz. 86

 

Formulierungsbeispiel 1

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Änderungsvertrages vom […] anzunehmen, mit dem die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der Klägerin auf [...] Stunden je Woche verlängert [und ihr der Arbeitsplatz als […] zugewiesen] wird.

 

Rz. 87

Dies kann insbesondere dann genügen, wenn sich der Teilzeitbeschäftigte auf eine konkrete Ausschreibung bewirbt oder wenn eine unstreitige beiderseitige Tarifbindung besteht. Die bloße individualvertragliche Einbeziehung eines Tarifvertrages in den Teilzeitvertrag (Inbezugnahme) reicht hingegen im Zweifel nicht. Denn aus § 9 TzBfG ergibt sich keine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Vergütung für das (angestrebte) neue Arbeitsverhältnis auf der Basis der für das bisherige Arbeitsverhältnis getroffenen Vereinbarungen zu berechnen.[72]

 

Rz. 88

Sind die Bedingungen des neuen Arbeitsvertrages hingegen streitig, muss der Antrag weitere Angaben enthalten. Er könnte wie folgt lauten:

 

Rz. 89

 

Formulierungsbeispiel 2

Der Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Änderungsvertrages vom […] anzunehmen, mit dem die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit des Klägers auf […] Stunden je Woche verlängert und ihm der Arbeitsplatz als […] zu einem Stundensatz [oder: Monatsgehalt] in Höhe von[…] EUR brutto im Betrieb […] in […] zugewiesen wird.

 

Rz. 90

Ein darauf ergangenes Urteil des Arbeitsgerichts ersetzt mit seiner Rechtskraft die Zustimmungserklärung des Arbeitgebers, vgl. § 894 ZPO, so dass die begehrte Änderungsvereinbarung geschlossen wäre. Allerdings wird diese prozessuale Situation in der Praxis nur selten eintreten, weil sie jedenfalls nach der hier vertretenen und wohl herrschenden Auffassung (Rdn 74 f.) die Nichtbesetzung der Stelle bis zur Rechtskraft des Urteils voraussetzt. In der Praxis wird der Arbeitgeber die Stelle oftmals besetzt haben, vor allem wenn der Arbeitnehmer erst durch die Besetzung der Stelle mit einem anderen Bewerber von seiner eigenen Nichtberücksichtigung erfährt.

 

Rz. 91

Wenn es überhaupt zu der Klage auf Erfüllung des Anspruchs nach § 9 TzBfG kommt, sollte sie also mit dem Unterlassungsanspruch kombiniert werden, dessen Durchsetzung praktisch nur im Wege einstweiliger Verfügung erfolgen kann.

 

Rz. 92

Besteht der Anspruch auf Unterlassu...

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