Rz. 21

Nach dem Wortlaut ist jeder Teilzeitarbeitnehmer berechtigt, den Anspruch nach § 9 TzBfG geltend zu machen; nach der Definition in § 2 Abs. 1 S. 1 TzBfG also jeder Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Arbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.

 

Rz. 22

Voraussetzung des Anspruchs ist nicht, dass der Teilzeitbeschäftigte früher einmal in Vollzeit oder sonst mit größerem Arbeitszeitvolumen bei demselben Arbeitgeber tätig gewesen ist. § 9 TzBfG gewährt nicht lediglich ein Rückkehrrecht, sondern einen originären Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit.[14] Der Anspruch steht also im Grundsatz auch solchen Arbeitnehmern zu, deren Teilzeittätigkeit sich nicht aus einem früheren Teilzeitverlangen nach § 8 TzBfG ergeben hat.[15]

 

Rz. 23

Auf den bisherigen Umfang der Arbeitszeit kommt es ebenso wenig an wie auf den begehrten künftigen Umfang der Arbeitszeit. Der Anspruch steht also auch geringfügig beschäftigten Teilzeitkräften zu, selbst wenn durch die Verlängerung der Arbeitszeit der Geringfügigkeitsstatus verloren gehen sollte.[16] Nur wer schon bislang vollzeitbeschäftigt ist, scheidet definitionsgemäß aus, so dass insbesondere eine Arbeitszeit über die regelmäßige Wochenarbeitszeit eines betriebstypisch vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nicht möglich ist. Insbesondere sichert § 9 TzBfG keinen Anspruch auf Überstunden.[17]

 

Rz. 24

Der Anspruch steht auch befristet Beschäftigten offen.[18] Das mag im Einzelfall dazu führen, dass ein bislang mit Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis künftig unbefristet ist, weil die neue Stelle den Sachgrund zur Befristung nicht rechtfertigt.[19]

 

Rz. 25

Eine Ausnahme ist allgemein für die Altersteilzeit anerkannt. Während der Altersteilzeit kommt weder eine (weitere) Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG noch eine Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG in Betracht.[20]

 

Rz. 26

Ungeklärt ist, ob dies nicht auch für eine Teilzeittätigkeit während der Elternzeit sowie für die Pflegeteilzeit oder eine Familienpflegezeit gelten muss. Gute Gründe sprechen für einen Anwendungsausschluss.[21] Denn zwischen diesen Teilzeittätigkeiten in besonderen persönlichen Lebenslagen einerseits und der im TzBfG allgemein geregelten Teilzeittätigkeit andererseits besteht ein gravierender Unterschied: Das TzBfG geht – mit Ausnahme der neuen Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG – von unbefristeten Teilzeitlösungen aus, während die Teilzeittätigkeit nach § 15 BEEG, § 3 PflegeZG, § 2 FPfZG jeweils wegen der persönlichen Lebenssituation des Arbeitnehmers befristet sind. Erfüllt ein Arbeitnehmer die Voraussetzungen zweier verschiedener Anspruchsgrundlagen für eine Teilzeit, so kann (und muss) er sich entscheiden. Unbestritten steht die unbefristete Teilzeitmöglichkeit nach § 8 TzBfG neben den befristeten Teilzeitmöglichkeiten nach den Spezialgesetzen. Das bedeutet aber keineswegs, dass dann auch § 9 TzBfG die Verlängerung der nach den Spezialgesetzen nur befristet herabgesetzten Arbeitszeiten zulassen muss.

 

Rz. 27

Die Regelungen passen konzeptionell nicht zueinander. Man mag auf der Rechtsfolgenseite noch darüber hinwegkommen können, dass § 9 TzBfG einen unbefristeten Anspruch auf Verlängerung einer dann nur befristeten Teilzeittätigkeit gewähren würde. Wichtiger ist, dass in den spezialgesetzlich geregelten Situationen ein anderes Interessenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht als außerhalb dieser besonderen Lebenssituationen. Alle genannten Spezialgesetze schützen das infolge der besonderen Lebenssituation (Pflege kleiner Kinder, Pflege von Angehörigen) besonders große Interesse des Arbeitnehmers an der Herabsetzung der Arbeitszeit, indem sie – verglichen mit § 8 TzBfG – erhöhte Anforderungen an das Ablehnungsrecht des Arbeitgebers stellen (z.B. § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG: "aus dringenden betrieblichen Gründen"). Auch die Antragsfristen sind zugunsten des Arbeitnehmers kürzer als im allgemeinen Teilzeitrecht.

 

Rz. 28

Im Gegenzug zu dieser im Ergebnis fast unbegrenzten Verpflichtung des Arbeitgebers, die Teilzeit in den speziellen Situationen zu ermöglichen und diese Teilzeit auch noch entsprechend den Wünschen und Bedürfnissen des Arbeitnehmers zu befristen (also eine spätere Rückkehr in die vorherige Arbeitszeit zu garantieren), wird der Arbeitgeber allerdings auch durch alle drei Spezialgesetze vor wiederholten (im BEEG vor mehr als einmal wiederholten) Änderungen des Arbeitszeitkontingents während der jeweiligen besonderen Lebensphase des Arbeitnehmers geschützt. Dies bewirken § 14 Abs. 6 BEEG und die Regelungen zum Verbrauch des Antragsrechts nach dem Pflegezeit- und dem Familienpflegezeitgesetz (siehe jeweils dort § 14 Rdn 29 f. und § 15 Rdn 16), die den Arbeitgeber vor erneuten Kürzungswünschen schützen, aber auch §§ 15 BEEG, 4 Abs. 2 S. 3 PflegeZG, 2a Abs. 5 S. 3 FPfZG, die eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit ohne wichtigen Grund nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulassen...

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