Rz. 4

Die private Unfallversicherung ist Personenversicherung und Summenversicherung im Sinne der abstrakten Bedarfsdeckung. Bei Eintritt des Versicherungsfalls werden die vertraglich im Voraus festgelegten Leistungen (z.B. Invaliditätsleistung, Tagegeld, Krankenhaustagegeld etc.) erbracht. Die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen – im Folgenden kurz AUB – sehen in ihren neueren Fassungen[7] auch Leistungsarten mit konkreter Kostenerstattung vor (2.7. AUB 2014: Kosten für kosmetische Operationen und 2.8. AUB 2014: Kosten für Such-, Bergungs- und Rettungseinsätze). Insoweit haben diese Schadencharakter.[8]

Der Anwalt des Geschädigten muss bei der Feststellung möglichen Versicherungsschutzes das Spektrum vertraglicher Konstruktionen berücksichtigen. Neben der klassischen Einzelversicherung existieren in einer Vielzahl Gruppen- (Beispiel Arbeitgeber) und Familien-Unfallversicherungsverträge. Ebenso kann Unfallversicherungsschutz im Rahmen einer Multirisk-Police, einer Unfallzusatzversicherung zur Lebensversicherung sowie einer kreditkartenbasierten Verkehrsmittel-Unfallversicherung bestehen.

 

Rz. 5

Für die Fallbearbeitung sind zunächst die gesetzlichen Regelungen der §§ 173 VVG (Allgemeiner Teil) sowie der §§ 178191 VVG (Unfallversicherung) zu beachten. Dabei sind die Unfreiwilligkeitsvermutung, die Hinweispflichten des Versicherers, die Erklärungspflicht des Versicherers, die Fälligkeit von Leistungen, die Vorschusspflicht sowie die Regelung der Neubemessung zwingend, § 191 VVG.

Ergänzt werden die gesetzlichen Regelungen durch den Versicherungsvertrag und die jeweils vereinbarten AUB. Hier gilt in besonderem Maße anhand des Versicherungsscheins zu prüfen, welche AUB und weitere Besondere Bedingungen und Risikobeschränkungen dem Versicherungsverhältnis konkret zugrunde liegen. So weichen beispielsweise die älteren AUB 61 (für Vertragsabschlüsse von 1961 bis 1988), welche an die Arbeitsfähigkeit des VN anknüpfen, in teilweise erheblichem Umfang von den neueren Bedingungswerken (AUB 88, AUB 99, AUB 2010/2008, AUB 2014) ab. Grundsätzlich gilt, dass die nachträgliche Einbeziehung neuer AUB einer Zustimmungserklärung des VN bedarf. Die bloße Übersendung neuer AUB bei ansonsten fortbestehendem Versicherungsverhältnis genügt dafür nicht.[9]

 

Rz. 6

Zu beachten ist schließlich das im Bereich der privaten Unfallversicherung geltende Schadentagprinzip. Für die Abwicklung des Versicherungsfalls gelten unabhängig vom weiteren Vertragsschicksal (z.B. dynamische Erhöhungen) die am Schadentag vereinbarten Leistungen.[10]

[7] Im Sinne der Aktualität dieses Werks wird im Folgenden auf die AUB 2014 zurückgegriffen.
[8] Vgl. Naumann/Brinkmann, § 2 Rn 30 ff.
[9] Zur Einbeziehung neuer AUB in bestehende Verträge vgl. Kloth, B. IV.3, Rn 26 ff.
[10] Vgl. Naumann, AnwaltFormulare Versicherungsrecht, § 6 G Rn 398.

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