Rz. 147

Wird seitens des Erblassers eine Dauertestamentsvollstreckung für den Nachlass angeordnet und befindet sich ein Anteil an einer persönlich haftenden Gesellschaft im Nachlass, dann ist nach der Rechtsprechung des BGH die (dauernde) Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen nicht grundsätzlich ausgeschlossen.[138] Sie kommt allerdings nur im Hinblick auf die vermögensrechtliche Seite (sog. Außenseite) des Gesellschaftsanteils in Betracht,[139] während die personenrechtliche Sphäre (sog. Innenseite), also die Gesellschafterrechte im eigentlichen Sinne wegen ihrer höchstpersönlichen Natur der Ausübung durch einen Dritten nicht zugänglich sind (Kernbereichstheorie).[140] Sie können daher der Testamentsvollstreckung grundsätzlich nicht unterliegen.

 

Rz. 148

Aus diesem Grunde können Verwaltungsmaßnahmen des Testamentsvollstreckers nicht die sog. Innenseite der Beteiligung betreffen.[141] Die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte, z.B. das Stimmrecht, die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen sowie das Informations- und Kontrollrecht, ist seiner Kompetenz zwingend entzogen. Etwas anderes gilt, wenn die Mitwirkungsrechte auch die vermögensrechtliche Außenseite betreffen, dann ist eine Zustimmungspflicht des Testamentsvollstreckers anzunehmen.

 

Rz. 149

Auf der sog. Außenseite der Beteiligung, z.B. die Verwaltung und Fälligkeit von Gewinnansprüchen und des Auseinandersetzungsguthabens, kann der Testamentsvollstrecker aber eine den Erben beaufsichtigende Funktion wahrnehmen. Dies führt auch dazu, dass der Erbe ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers nicht über seinen ererbten Gesellschaftsanteil verfügen kann[142] und dieser auch dem Zugriff von Eigengläubigern des Erben entzogen ist.

 

Rz. 150

Gehört zum Nachlass der Anteil eines alleinigen Komplementärs einer KG, kann der Testamentsvollstrecker jedenfalls für die Dauer der in § 139 Abs. 3 HGB bestimmten Übergangsfrist von drei Monaten sämtliche Rechte der Gesellschafter-Erben wahrnehmen. Nach Ende dieser Frist ist die Testamentsvollstreckung aber nur noch unter der Voraussetzung zulässig, dass durch entsprechende Gestaltungen und Maßnahmen ein neuer Komplementär in die Gesellschaft eintritt.

Durch die Anordnung einer (einfachen) Testamentsvollstreckung ist es demnach zwar möglich, eine Kontrolle des Gesellschafter-Erben zu erreichen, die Verlagerung der Kompetenz, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, auf den Testamentsvollstrecker kann so aber nicht erreicht werden. Da dies aber auch im Bereich der persönlich haftenden Gesellschaftsanteile mitunter nicht nur wünschenswert, sondern dringend erforderlich ist, haben sich auch hier im Wesentlichen folgende Ersatz-Strategien herausgebildet:

[138] BGHZ 98, 48 = DNotZ 1987, 116.
[139] BGH ZEV 1996, 110 m. Anm. Lorz.
[140] BGHZ 20, 363.
[141] Staudinger/Reimann, § 2205 Rn 114.
[142] Pauli, in: Bengel/Reimann, § 5 Rn 161; Staudinger/Reimann, § 2205 Rn 114; Mayer, ZIP 1990, 979.

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