Rz. 1

Ausgangspunkt jeder Berufung ist gem. § 511 Abs. 1 ZPO ein im ersten Rechtszug erlassenes Endurteil, mit dem die durch den Urteilsausspruch belastete Partei nicht einverstanden ist. Sie strebt deswegen eine Urteilsabänderung zu ihren Gunsten an. Diesem Abänderungsinteresse des Berufungsklägers steht ein Interesse des Berufungsbeklagten am unveränderten Bestand des Endurteils gegenüber. Legitimiert ist die Berücksichtigung des Bestandsinteresses dadurch, dass der Zivilprozess ein auf Rechtssicherheitserlangung ausgerichteter Entwicklungsvorgang ist. Die Rechtssicherheit hat neben der materiellen Richtigkeit einen eigenen Wert. Zur Regelung dieses Interessengegensatzes sind alle Berufungsvorschriften nach Maßgabe des auch im Prozessrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgeprägt. Mit der ZPO-Reform 2001 hat sich das Berufungsrecht dabei grundlegend geändert. Die Berufung soll in erster Linie ein Instrument zur Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung sein.[1] Die vom Bundesgerichtshof attestierte "verstärkte Funktionsdifferenzierung"[2] hat insbesondere Auswirkungen auf die Anforderungen an die Berufungsbegründung, den Angriff gegen die erstinstanzlichen Feststellungen sowie die Zulassung neuen Vorbringens.

[1] BGH AHRS 7550/313 = BeckRS 2010, 02099.
[2] BGH AHRS 7550/313 = BeckRS 2010, 02099.

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