Rz. 190

Es sind dieselben Rechtsbehelfe statthaft wie gegen Arreste.[328] Ausnahmsweise, nämlich bei Vorliegen besonderer Umstände, kann gem. § 939 ZPO die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

 

Rz. 191

Besonderheiten ergeben sich bei der einstweiligen Verfügung im Hinblick auf den Rechtsbehelf nach § 926 ZPO. Das gilt insbesondere, wenn die einstweilige Verfügung Unterlassungsansprüche sichert. Stellt der Antragsgegner den Antrag nach § 926 ZPO, dem Antragsteller eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, muss der Antragsteller prüfen, ob er noch eine begründete Hauptsacheklage erheben kann. Nicht immer lässt sich ohne Weiteres feststellen, ob der Anspruch noch besteht und in einem Hauptsacheverfahren mit Erfolgsaussicht tituliert werden kann.

 

Rz. 192

Regelmäßig muss bei Unterlassungsansprüchen – seien sie deliktischer, wettbewerbsrechtlicher oder sonstiger Art – eine Wiederholungsgefahr bestehen.[329] Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn eine Wiederholung des wettbewerbswidrigen oder rechtswidrigen Verhaltens ernsthaft und greifbar zu befürchten ist. Ist bereits ein Rechtsverstoß erfolgt, spricht eine tatsächliche Vermutung für das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr.[330]

 

Rz. 193

 

Hinweis

Grundsätzlich und besonders im Wettbewerbsrecht ist die Vermutung des Fortbestehens der Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegbar.[331]

 

Rz. 194

An die Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch den Schuldner sind im Übrigen hohe Anforderungen zu stellen.[332] Fordert beispielsweise der Antragsteller den Antragsgegner nach Erlass und Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf und erhebt er auch für einen längeren Zeitraum keine Hauptsacheklage, so kann allein durch Zeitablauf die Gefahr entfallen, dass der Antragsgegner die Rechtsverletzung wiederholt. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Antragsgegner – auch in Ansehung der einstweiligen Verfügung – über mehrere Monate wohl verhält. Stellt der Antragsgegner dann dennoch den Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO, dem Antragsteller aufzugeben, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben, ist das Rechtsschutzbedürfnis fraglich. Dieses fehlt gerade bei einem Unterlassungsanspruch, wenn wegen Zeitablaufs die Wiederholungsgefahr entfallen ist.[333]

 

Rz. 195

 

Hinweis

Setzt das Gericht dem Gläubiger, der die einstweilige Verfügung erwirkt hatte, trotz Wegfalls der Wiederholungsgefahr eine Frist, innerhalb der er Klage erheben muss, darf der Gläubiger dennoch keine Hauptsacheklage erheben. Diese wäre von vornherein unbegründet. Dabei kann er selbstverständlich nicht mit dem Argument gehört werden, er sei vom Antragsgegner und vom Gericht zur Erhebung der Hauptsacheklage gedrängt worden. Gegen eine zu Unrecht zur Erhebung der Hauptsacheklage gesetzte Frist kann der Gläubiger nur eine befristete Erinnerung nach §§ 11 Abs. 2 S. 1, 20 Abs. 1 Nr. 14 RPflG einlegen. Darüber hinaus kann er später im Aufhebungsverfahren gem. § 926 Abs. 2 ZPO inzident rügen, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Fristsetzung nach § 926 Abs. 1 ZPO mangels Wiederholungsgefahr fehle.[334] Hat sich der Verfügungsgläubiger jedoch erst in das Hauptsacheverfahren "locken" lassen, sind ihm die genannten Rechtsschutzmöglichkeiten abgeschnitten.

 

Rz. 196

Setzt das Gericht dem Verfügungsgläubiger gem. § 926 Abs. 1 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage, muss dieser zur Vermeidung irreparabler Nachteile prüfen, ob die Hauptsacheklage Aussicht auf Erfolg hat.

 

Rz. 197

 

Tipp

Grundsätzlich sollte der Gläubiger daher so schnell wie möglich seine Rechte aus der einstweiligen Verfügung durch Vereinbarung mit dem Schuldner sichern. Wenn dies nicht gelingt, sollte er möglichst bald die Hauptsacheklage erheben.

 

Rz. 198

Wird die Klage abgewiesen, weil der in der Hauptsache verfolgte Anspruch nicht mehr besteht oder nicht mehr bewiesen werden kann, hat dies zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf den Bestand der einstweiligen Verfügung. Der Verfügungsschuldner kann aber wegen veränderter Umstände nach § 927 Abs. 1 ZPO vorgehen.

[328] Zöller/Vollkommer, § 924 Rn 13; Muster unter Rdn 311.
[329] MüKo-BGB/Baldus, § 1004 Rn 289 ff.
[330] Münzberg, JZ 1967, 689, 690.
[331] MüKo-BGB/Baldus, § 1004 Rn 291.
[333] BGH NJW 1974, 503; Zöller/Vollkommer, § 926 Rn 12.
[334] BGH NJW-RR 1987, 683.

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