Rz. 199

Reagiert der Antragsgegner nach Zustellung des Titels nicht mit Rechtsbehelfen, besteht grundsätzlich die Aussicht, dass er den vorläufigen Titel als endgültigen Titel anerkennen will, wodurch weitere Auseinandersetzungen mit dem Antragsteller vermieden werden können. Wird der Antragsteller nicht initiativ, läuft er Gefahr, dass sein Arrest- bzw. Verfügungsanspruch zwischenzeitlich verjährt. Er muss daher vermeiden, dass der Antragsgegner nach Ablauf von sechs Monaten Widerspruch einlegen und die Verjährungseinrede erheben kann. Er muss so schnell wie möglich Klarheit darüber erlangen, ob er zur weiteren Hemmung der Verjährung Klage zur Hauptsache erheben muss. Dem dient das sogenannte Abschlussschreiben.[335]

 

Rz. 200

 

Achtung!

Die Verjährung wird zwar gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB auch durch die Zustellung eines Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung und einer einstweiligen Anordnung, bzw. – wenn der Antrag nicht zugestellt wird – durch dessen Einreichung gehemmt, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger des Schuldners zugestellt wird. Damit ist die Verjährungsproblematik jedoch nicht entschärft. Die durch die Zustellung des Antrags eingetretene Hemmung der Verjährung endet gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Wird kein Widerspruch gem. § 924 ZPO eingelegt, endet das Verfahren mit dem Erlass des Arrests oder der einstweiligen Verfügung. Die anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen gehören nicht mehr zum Arrest- bzw. zum Verfügungsverfahren. Sie führen gem. § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann zum Neubeginn der Verjährung, wenn die Verjährung nicht inzwischen eingetreten ist. Besonders bei Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen nach UWG besteht daher die Gefahr der Verjährung. Diese Ansprüche verjähren gem. § 11 Abs. 1, 2 UWG in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

 

Rz. 201

Neben der Funktion, die Verjährungsproblematik zu entschärfen, ist das Abschlussschreiben eine weitere vorprozessuale Abmahnung vor Erhebung der Hauptsacheklage. Erhebt der Antragsteller Hauptsacheklage ohne vorherige Aufforderung des Antragsgegners, den vorläufigen Titel als endgültig anzuerkennen, kann der Antragsgegner in der ersten mündlichen Verhandlung den geltend gemachten Anspruch anerkennen. Der Antragsteller läuft Gefahr, dass ihm die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 93 ff. ZPO auferlegt werden.[336] Das gilt auch, wenn der Gläubiger den Schuldner vor dem Antrag auf Erlass des Arrests bereits abgemahnt hatte,[337] nicht aber, wenn der Schuldner gegen den Arrest Widerspruch oder Berufung eingelegt hat.[338]

 

Rz. 202

Um nicht zur Verjährungshemmung Hauptsacheklage mit dem Risiko der Kostentragung bei sofortigem Anerkenntnis erheben zu müssen, können die Parteien durch Prozessvertrag die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung als endgültige Entscheidung fassen.[339] Vor allem im Wettbewerbsprozess wird diese Verzichtswirkung durch ein Abschlussschreiben des Antragstellers und eine korrespondierende Abschlusserklärung des Antragsgegners erreicht.[340] Das Instrument des Abschlussschreibens und der Abschlusserklärung ist jedoch nicht auf den Wettbewerbsprozess beschränkt, sondern gilt allgemein für Arrest- und Verfügungsverfahren.[341]

 

Rz. 203

Mit dem Abschlussschreiben fordert der Antragsteller den Antragsgegner nach Erlass der einzelnen Verfügung bzw. des Arrests auf, auf alle Rechtsbehelfe gegen den Titel zu verzichten. Das vollständige Abschlussschreiben enthält die Aufforderung an den Antragsgegner, auf die Einlegung des Widerspruchs nach § 924 ZPO bzw. bei einer Entscheidung durch Urteil auf die Einlegung der Berufung und auf die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO zu verzichten und die verlangte Abschlusserklärung innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist abzugeben. Es kann auch schlicht verlangt werden, den Titel nach Bestandskraft und Wirkung wie einen entsprechenden gleichwertigen Hauptsachetitel anzuerkennen.

 

Rz. 204

 

Tipp

Ein Abschlussschreiben sollte die Aufforderung an den Antragsgegner enthalten, nachträglich auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung zu verzichten. Diese Forderung ist durch den Zweck der Abschlusserklärung legitimiert. Dadurch soll der Gläubiger so gestellt werden, wie er mit einem rechtskräftigen Titel in der Hauptsache stünde.[342] Einen darauf gerichteten Anspruch hat der Gläubiger jedoch nicht.

 

Rz. 205

 

Hinweis

Es ist nicht erforderlich, dass der Gläubiger den Schuldner auffordert, auch auf Schadensersatzansprüche nach § 945 ZPO zu verzichten. Bei Abgabe der Abschlusserklärung kann die Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch nicht mehr eintreten, dass sich der Arrest ode...

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