A. Übersicht

 

Rz. 1

Soweit in der Verkehrsunfallbearbeitung von der "Kfz-Haftpflichtversicherung" die Rede ist, muss zwischen drei grundlegend unterschiedlichen Anspruchsrichtungen unterschieden werden, nämlich zwischen

den Haftpflichtansprüchen gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des gegnerischen Kfz,
den Haftpflichtansprüchen gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des eigenen Kfz und
den vertraglichen Ansprüchen zwischen Versicherungsnehmer bzw. versicherten Personen und dem Kfz-Haftpflichtversicherer des eigenen Kfz.

Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich allein auf eine Darstellung eines Teils der vertraglichen Ansprüche zwischen dem Versicherungsnehmer bzw. den versicherten Personen des Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrags und dem Kfz-Haftpflichtversicherer.

 

Rz. 2

Aus dem Verhältnis des Mandanten zu seinem eigenen Kfz-Haftpflichtversicherer kann eine Vielzahl rechtlicher Probleme resultieren. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf beispielhafte Konstellationen aus Anlass eines Schadenfalls in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Wegen typischer Vertragsprobleme, die auch außerhalb eines Schadensfalls auftreten können (z.B. Beginn und Ende des Versicherungsvertrags, Verzug mit der Erst- oder Folgeprämie, Kündigung des Versicherungsvertrags usw.), wird auf die einschlägige versicherungsrechtliche Fachliteratur verwiesen.

 

Rz. 3

Durch das System der Kfz-Pflichtversicherung wird gewährleistet, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer den Mandanten von sämtlichen Schadensersatzansprüchen Dritter aus Anlass eines Verkehrsunfalls freistellt. Der konkrete Leistungsumfang des Versicherers ist den "Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB)" zu entnehmen, die jedem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag zugrunde liegen. Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich am Wortlaut der Muster-AKB des Verbandes der Schadenversicherer aus dem Jahre 2015 mit dem derzeitigen auf der Homepage des GdV veröffentlichten Stand 12 – 2017.

 

Rz. 4

In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist der Versicherer dazu verpflichtet, begründete Ansprüche Dritter zu befriedigen und unbegründete Ansprüche abzuwehren. Er hat dabei eine Regulierungsvollmacht, die mit einem erheblichen Ermessensspielraum einhergeht. Der Versicherer hat die Rechtsverteidigungskosten für die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu tragen.

Der Kfz-Haftpflichtversicherer hat diese Leistungen sowohl gegenüber dem Versicherungsnehmer als auch gegenüber sämtlichen mitversicherten Personen des Versicherungsvertrags zu erbringen. Wer dies ist, wird in A.1.2 AKB 2015 abschließend aufgezählt. Danach erstreckt sich der Versicherungsschutz insbesondere auch auf den Halter, den Eigentümer und den Fahrer des Fahrzeugs.

B. Obliegenheiten vor dem Versicherungsfall

I. Übersicht

 

Rz. 5

Nach Maßgabe der dem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag zugrunde liegenden AKB haben der Versicherungsnehmer und alle sonstigen mitversicherten Personen des Versicherungsvertrags sowohl vor als auch nach dem Versicherungsfall bestimmte Obliegenheiten zu erfüllen. Wird einer Obliegenheiten zuwider gehandelt, kann dies dazu führen, dass der Versicherer im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer oder der mitversicherten Person ganz oder teilweise gem. § 28 VVG leistungsfrei wird. Dabei wird im Folgenden zwischen den vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtenden Obliegenheiten differenziert.

 

Rz. 6

Die dem Versicherungsnehmer vertraglich auferlegten Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles sind in Abschnitt D.1 AKB 2015 geregelt. Danach kann Leistungsfreiheit insbesondere bei Verwendung des Fahrzeugs eintreten

zu einem anderen als im Versicherungsantrag angegebenen Zweck;
durch einen unberechtigten Fahrer;
ohne die dafür erforderliche Fahrerlaubnis;
zu Rennen einschließlich Übungsfahrten;
unter Einfluss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel, wenn dadurch das Fahrzeug nicht mehr sicher geführt werden kann.
 

Rz. 7

Wird einer Obliegenheiten zuwider gehandelt, kann dies dazu führen, dass der Versicherer im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer oder der mitversicherten Person ganz oder teilweise gem. § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei wird. Dies ändert jedoch nichts an der Verpflichtung des Versicherers, die berechtigten Ansprüche des Geschädigten auf Schadensersatz aus Anlass des Schadensfalls zu befriedigen. Es gilt insoweit der aus § 115 VVG resultierende Direktanspruch. Nach § 117 Abs. 1 VVG bleibt die Verpflichtung zur Leistung gegenüber einem Dritten auch dann bestehen, wenn der Versicherer im Innenverhältnis zu seinem Versicherungsnehmer ganz oder teilweise leistungsfrei ist. Es handelt sich bei den Regressansprüchen des Versicherers gegen seinen Versicherungsnehmer/die mitversicherte Person daher um einen Gesamtschuldnerinnenausgleich. Die teilweise oder vollständige Leistungsfreiheit berechtigt den Versicherer also "lediglich" dazu, den Versicherungsnehmer in entsprechender Höhe in Regress zu nehmen.

 

Rz. 8

Verletzt der Versicherungsnehmer eine vor Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtende Obliegenhe...

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