Rz. 87

 

§ 323 ZPO – Abänderungsklage

(1) 1Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen.

2Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

§ 323a ZPO – Abänderung von Vergleichen und Urkunden

(1) 1Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil auf Abänderung des Titels klagen.

2Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

a) Abänderung

 

Rz. 88

Zum Schutz von Kaufkraftverlusten ist der Anspruchsberechtigte auf die Abänderungsklage (§ 323 ZPO) oder außergerichtliche Abänderung des Vergleiches angewiesen.[84]

 

Rz. 89

Aber nicht nur der Anspruchsberechtigte, sondern auch der Ersatzverpflichtete kann bei Veränderung der Verhältnisse Abänderungsklage erheben.

 

Rz. 90

Auch Rentenvergleiche (siehe § 323a ZPO) sind grundsätzlich wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage einer Anpassung zugänglich.[85] Auch die Kündigung ist möglich.[86]

[84] OLG Karlsruhe v. 7.5.1969 – 4 U 51/68 – VersR 1969, 1123. Siehe auch BGH v. 3.7.1973 – VI ZR 60/72 – NJW 1973, 1653 = VersR 1973, 1067.
[85] BGH v. 4.10.1988 – VI ZR 46/88 – BGHZ 105, 243 = DAR 1989, 19 = MDR 1989, 149 = NJW 1989, 289 = NZV 1989, 65 = r+s 1989, 14 (nur Ls.) = VersR 1989, 154 = VRS 76, 161 = WI 1988, 207 = zfs 1989, 79 (Anpassung einer Unterhaltsrente, die ihren Versorgungszweck nicht mehr erfüllte); OLG Saarbrücken v. 20.12.1996 – 3 U 439/95 – NZV 1997, 271 (Neuregelung der Pflegeversicherung).
[86] OLG Hamm v. 14.12.2004 – 9 U 129/04 – DAR 2005, 339 (Leistet der Schädiger Zahlungen zum Ausgleich unfallbedingter Beeinträchtigungen und stellt er diese Zahlungen im Zusammenhang mit der Erhebung der Feststellungsklage auf Nichtbestehen einer Zahlungspflicht ein, ist dieses als Kündigung der ursprünglichen Vereinbarung über ein Rentenversprechen anzusehen).

b) Wesentliche Veränderung

 

Rz. 91

Eine Rente kann bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse (auf Seiten des Geschädigten: Verschlimmerung des Körperschadens, Erhöhung des hypothetischen Verdienstes, Erhöhung der Lebenshaltungskosten – auf Seiten des Ersatzverpflichteten: Veränderung der berücksichtigten hypothetischen wirtschaftlichen Verhältnisse zum Nachteil des Verletzten [z.B. Konkurs des ehemaligen Arbeitgebers], Besserung des Gesundheitszustands,[87] verbesserte Erwerbsmöglichkeiten, veränderte Familienverhältnisse[88]) abgeändert werden (Abänderungsklage, § 323 ZPO).

 

Rz. 92

Es muss sich um eine wesentliche Veränderung handelt, die zur Abweichung von mindestens 10 % führt.[89] Die Abänderung kann einerseits nach oben (regelmäßig auf Veranlassung des Ersatzberechtigten), andererseits aber ebenso auch nach unten (i.d.R. auf Verlangen des Ersatzpflichtigen) erfolgen.

[87] Vgl. OLG Hamm v. 13.5.1996 – 6 U 92/94 – r+s 1997, 199 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 18.2.1997 – VI ZR 236/96 –).
[89] Musielak-Borth, 10. Aufl. 2013, § 323 Rn 19, 24; Zöller-Vollkommer, § 323 Rn 32 weist allerdings darauf hin, dass eine schematische Anwendung einer 10 %-Schwelle von der Rechtsprechung nicht angewandt wird. Siehe auch BGH v. 15.5.2007 – VI ZR 150/06 – BGHReport 2007, 753 (Anm. Luckey) = DAR 2007, 513 = FamRZ 2007, 1092 (nur Ls.) = NJW 2007, 2475 (Anm. Teichmann) = NJW-Spezial 2007, 306 = r+s 2007, 391 = SP 2007, 282 = VersR 2007, 961 = zfs 2007, 442 (Abänderung einer Schmerzensgeldrente, die anders als Verdienstausfall und Unterhaltsrente nicht der Deckung des täglichen Lebensbedarfes dient, jedenfalls nicht unter 25 %-iger Steigerung der Lebenshaltungskostenindex).

c) Abänderung ex nunc

 

Rz. 93

Eine Anpassung ist nur möglich für noch nicht abgewickelte Rechtsverhältnisse (also nur für noch weiter laufende Schadenersatzansprüche). Die Anpassung erfolgt i.d.R. ex nunc (d.h. ohne Rückwirkung).[90]

 

Rz. 94

§ 323 III 1 ZPO fixiert dabei die Anpassungswirkung erst für künftige Leistungen ab dem Zeitpunkt der Klagezustellung. Soweit für familienrechtliche Ansprüche auch außergerichtliche Maßnahmen ausreichen, gilt dieses nicht für Schadenersatzforderungen. Eine Abänderung ist nicht möglich (§§ 323 II, III ZPO), wenn die Grundlage für die Berechnung des Verdienstausfa...

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