Rz. 42

Die vollstreckbare Ausfertigung besteht allein aus dem mit der Vollstreckungsklausel versehenen Rubrum einschließlich der Beschlussformel und dem Tenor und verzichtet mithin auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe.

 

Rz. 43

Lediglich wenn die Partei es beantragt,[20] wird ihr eine vollständige vollstreckbare Ausfertigung des Urteils übersandt. Nach § 733 ZPO besteht die Möglichkeit weitere vollstreckbare Ausfertigungen zu erhalten, wenn dies hinreichend begründet wird, etwa verschiedene Vollstreckungsanträge gleichzeitig gestellt werden sollen, um Vermögensmanipulationen des Schuldners zu vermeiden.

 

Rz. 44

 

Hinweis

Einer vollständigen vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils mit Tatbestand und Entscheidungsgründen bedarf es unter dem Gesichtspunkt der Zwangsvollstreckung regelmäßig nur dann, wenn der Gläubiger davon ausgehen muss, dass das Vollstreckungsorgan zur ordnungsgemäßen Durchführung der Zwangsvollstreckung auf die Kenntnis der Entscheidungsgründe angewiesen ist, weil sich gegebenenfalls erst hieraus im Wege der Auslegung der tatsächliche Vollstreckungsanspruch abschließend ermitteln lässt. Dies muss dann im Antrag[21] auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ausdrücklich hervorgehoben werden. Denkbar sind insbesondere Fälle der Verurteilung zu einer vertretbaren Handlung.

 

Rz. 45

Bedarf der Gläubiger mehrerer vollstreckbarer Ausfertigungen, weil

er keine Kenntnisse über die Werthaltigkeit des Vermögens des Schuldners hat und mehrere Vollstreckungsarten, wie z.B. die Lohnpfändung und die Mobiliarzwangsvollstreckung gleichzeitig durchführen will,
er gegen mehrere aus dem Urteil verpflichtete Schuldner gleichzeitig vorgehen will,
er die erste verloren hat,[22]
wenn ein Gesamtgläubiger oder ein Mitgläubiger eines unteilbaren Anspruchs gesondert Ausfertigung zur selbstständigen Vollstreckung gegen den Schuldner verlangt,[23]

kann er auf Antrag[24] mehrere vollstreckbare Ausfertigungen nach § 733 ZPO erhalten.[25]

 

Rz. 46

Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung kann schon mit der Klageschrift oder der Klageerwiderung verbunden, aber auch gesondert nach dem Erlass des Titels gestellt werden.

 

Rz. 47

Der Antrag auf eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels muss nicht in Zusammenhang mit der Zustellung des Titels beantragt werden, sondern kann auch jederzeit später gestellt werden.

 

Rz. 48

Dies gilt auch dann, wenn der Titel im Hinblick auf den Zeitablauf und eine Vielzahl von Vollstreckungsanträgen Beschädigungen aufweist, die einer weiteren erfolgreichen Vollstreckung entgegenstehen könnten, jedenfalls aufgrund von Rückfragen oder Beanstandungen zu Zeitverlusten führen könnten. In diesem Fall kann unter Rückgabe der beschädigten Ausfertigung ein Antrag[26] auf Erteilung einer "weiteren" vollstreckbaren Ausfertigung gem. § 724 ZPO gestellt werden.[27]

 

Rz. 49

 

Tipp

Ist eine Vollstreckung aus einem Titel zunächst fruchtlos verlaufen, so bedeutet dies nicht, dass auch ein Vollstreckungsversuch nach einem gewissen Zeitablauf erfolglos bleibt. So kann der Schuldner wieder in Arbeit gelangen oder aufgrund eines Erbfalls einen Vermögenszuwachs verzeichnen. Ist der Titel dann vernichtet oder sonst nicht mehr aufzufinden, kann ebenfalls eine neue – weitere – vollstreckbare Ausfertigung des Titels erlangt werden.

Kann der Gläubiger durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen, dass er zu keinem Zeitpunkt die vollstreckbare Ausfertigung eines Urteils mit einem Zahlungstitel gegen den Schuldner besessen hat, und versichert sein Anwalt zudem, dass er die Akte einschließlich der in seinem Besitz befindlichen vollstreckbaren Ausfertigung vernichtet hat, nachdem Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus nachvollziehbaren Gründen aussichtslos erschienen und Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, hat er auch nach über 25 Jahren auf Antrag Anspruch auf Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung.[28] Glaubhaftmachung reicht allerdings nicht aus, wenn der vor Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung anzuhörende Schuldner nachvollziehbar erwidert, die Klageforderung sei erfüllt, und er habe den daraufhin an ihn ausgehändigten Titel vernichtet. In diesem Fall muss der Gläubiger den Vollbeweis führen.[29]

 

Rz. 50

Soweit aufgrund des Zeitablaufs Veränderungen auf Seiten des Gläubigers oder des Schuldners, etwa durch Erbfolge, Unternehmensnachfolge oder Vermögensnachfolge stattgefunden haben, bedarf es ggf. einer vollstreckbaren Ausfertigung mit einer qualifizierten Klausel nach § 727 ZPO. Das Gleiche gilt, wenn die Vollstreckung von einer Bedingung abhängt, die der Gläubiger nachzuweisen hat.[30]

 

Rz. 51

Wird die Erteilung der einfachen vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verweigert, so ist hiergegen die Erinnerung nach § 573 ZPO[31] gegeben.

 

Rz. 52

Die Erinnerung ist nach § 573 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 569 Abs. 2 ZPO schriftlich einzulegen. Sie kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erhoben werden, wenn in dem Erkenntnisverfahren ke...

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