Rz. 195

Eine Sicherheitsleistung kann im Zivilprozess in verschiedenen Konstellationen erforderlich sein, so etwa wenn

im Fall des § 89 ZPO jemand als vollmachtloser Vertreter einstweilen zur Prozessführung gegen Sicherheitsleistung zugelassen wird,
der ausländische Kläger nach §§ 110 ff. ZPO Prozesskostensicherheit zu leisten hat,
das Urteil lediglich gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde und die Sicherheitsleistung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auch erbracht wurde.
 

Rz. 196

Ist der Anlass für die Sicherheitsleistung entfallen oder bei dem gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil die Rechtskraft eingetreten, so besteht ein Bedürfnis des Sicherungsgebers, die Sicherheitsleistung zurückzuerhalten oder jedenfalls deren Unwirksamkeit feststellen zu lassen.

 

Rz. 197

Der Anlass für die Sicherheitsleistung kann aus einer Vielzahl von Gründen entfallen:

dem bisherigen vollmachtlosen Vertreter im Sinne des § 89 ZPO wird nun die Vollmacht erteilt,
der Prozess wird rechtskräftig abgeschlossen,[171]

das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil wird aufgehoben,

 

Hinweis

Die Veranlassung für die Bestellung einer Sicherheit ist im Sinne von § 109 ZPO auch weggefallen, wenn ein Urteil ergangen ist, das einen vorläufig vollstreckbaren Titel in der Hauptsache abändert. Die Rechtskraft der aufhebenden Entscheidung ist dann nicht notwendig.[172]

der Vollstreckungsbescheid wird aufgehoben,

bei Vergleichsschluss nach Erlass des Urteils, soweit die Sicherheitsleistung die Vergleichssumme übersteigt,[173]

 

Hinweis

In diesem Fall ist die Sicherheit im Verhältnis zu dem geschuldeten Betrag zu beschränken.[174]

der Beklagte wird zugunsten des ausländischen Klägers im Falle des § 110 ZPO hinsichtlich der Kostentragung rechtskräftig verurteilt,[175]
es steht endgültig fest, dass ein nach § 717 Abs. 2 ZPO zu sichernder Schaden nicht entstanden ist und nicht mehr entstehen kann,[176]
der Sicherungsgeber verzichtet endgültig auf die Maßnahme, die Anlass der Anordnung der Sicherheitsleistung war,[177]
wenn der Kläger seinen außereuropäischen Wohnsitz in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union verlegt.[178]
 

Rz. 198

Die Voraussetzung des § 109 Abs. 1 ZPO für die Rückgabe der Sicherheit, dass nämlich die Veranlassung für eine Sicherheitsleistung weggefallen ist, soll bei einem Räumungsurteil auch vorliegen, wenn die Räumung erfolgt ist.[179]

 

Rz. 199

Die diesbezüglichen Regelungen finden sich in § 109 ZPO, wonach das Gericht, das die Bestellung der Sicherheit angeordnet oder zugelassen hat, auf Antrag[180] der die Sicherheit leistenden Partei eine Frist zu bestimmen hat, binnen deren ihm die Partei, zu deren Gunsten die Sicherheit geleistet ist, die Einwilligung in die Rückgabe der Sicherheit zu erklären oder die Erhebung der Klage wegen ihrer Ansprüche nachzuweisen hat.

 

Rz. 200

Sachlich und örtlich zuständig für die Entscheidung ist das Gericht, welches die Sicherheitsleistung angeordnet hat, d.h. das Prozessgericht. Hier entscheidet funktionell nach § 20 Nr. 3 RPflG der Rechtspfleger.

 

Rz. 201

Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden, so dass nach § 78 Abs. 5 ZPO kein Anwaltzwang besteht.

 

Rz. 202

Die Entscheidung ergeht sodann nach § 109 Abs. 3 S. 2 ZPO durch Beschluss, der nach § 128 Abs. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen kann.

 

Rz. 203

 

Hinweis

Wird die Fristsetzung nach § 109 Abs. 1 ZPO abgelehnt, etwa weil das Gericht davon ausgeht, dass der Anlass für die Sicherheitsleistung noch nicht entfallen ist, steht dem Antragsteller nach § 109 Abs. 4 ZPO die sofortige Beschwerde[181] nach den §§ 567 ff. ZPO zu, die innerhalb der Notfrist des § 569 ZPO von zwei Wochen zu erheben ist.[182]

 

Rz. 204

Wird im Rahmen der gesetzten Frist weder die Einwilligung in die Rückgabe der Sicherheit erklärt bzw. die geleistete Bürgschaft zurückgegeben noch nachgewiesen, dass wegen der vermeintlichen Schadensersatzansprüche nach § 717 Abs. 2 ZPO Klage erhoben ist, so hat das Gericht auf Antrag des die Sicherheit Leistenden nach § 109 Abs. 2 ZPO entweder die Rückgabe der Sicherheit[183] oder aber das Erlöschen einer übergebenen Bürgschaft[184] im Sinne von § 108 ZPO anzuordnen.

 

Rz. 205

Der Antrag auf Anordnung der Rückgabe einer Prozessbürgschaft nach Wegfall der Veranlassung der Sicherheitsleistung ist dabei als Antrag auf Anordnung des Erlöschens der Bürgschaft auszulegen, wenn der Schuldner ersichtlich das Erlöschen der Bürgschaft anstrebt.[185]

 

Rz. 206

Wird das Erlöschen der Bürgschaft angeordnet, ist deren Rückgabe nicht mehr erforderlich, da die gerichtliche Anordnung der späteren Inanspruchnahme entgegensteht und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Rückgabeanspruch fehlt.

 

Rz. 207

 

Hinweis

Hat der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Sicherheit geleistet, besteht ein Anspruch auf Rückgewähr nur insoweit, als die Veranlassung für die Sicherheitsleistung weggefallen ist.[186] Dies setzt voraus, dass Ansprüche, deren Verwirklichung g...

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