1. Der Umfang der Anfechtung des Urteils durch Revision

 

Rz. 48

Durch die Revisionsanträge muss unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, inwieweit das Urteil angefochten wird.[35]

 

Rz. 49

Wichtig ist zu beachten, dass die Revisionsgründe, soweit eine Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. StPO) geltend gemacht wird, gem. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nur bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erklärt werden können. Demgegenüber können Ausführungen zur Sachrüge (§ 344 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. StPO) bis zur Entscheidung des Revisionsgerichts nachgeschoben werden. Insoweit genügt innerhalb der Frist grundsätzlich die bloße Erklärung: "Gerügt wird die Verletzung sachlichen Rechts".[36]

 

Rz. 50

Die Revision kann auch begründet werden mit der Aufklärungsrüge als einer Unterart der Verfahrensrüge. Wird eine solche Rüge erhoben, so muss der Beschwerdeführer darlegen, welche Tatsachenermittlung das Gericht rechtsfehlerhaft unterlassen hat.[37]

 

Rz. 51

Kritisch ist, ob eine Revision auf die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB beschränkt werden kann. Eine isolierte Anfechtbarkeit wird überwiegend verneint, wenn die der Strafzumessung zugrunde liegenden Tatsachen zugleich auch eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Erlaubnisentziehung bilden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Entzug der Fahrerlaubnis mit Charaktermängeln begründet wird.[38] Zu prüfen ist daher stets, ob die Beschränkung zu inneren Widersprüchen des Urteils führen könnte.[39] Werden die Tatsachen, auf die die Entziehung der Fahrerlaubnis gestützt wird, mit der Revision nicht angegriffen, sondern nur deren Bewertung, ist eine entsprechende Revisionsbeschränkung zulässig,[40] wobei diese Ausführungen entsprechend für die Berufungsbeschränkung gelten.

 

Rz. 52

Gerade in Verkehrssachen ist darauf zu achten, dass bei den Tatsacheninstanzen häufig die Frage übersehen wird, ob die Schuldfähigkeit durch die Höhe der Blutalkoholkonzentration vermindert oder ausgeschlossen ist. Hierzu sind ab einer BAK von 2,0 ‰ Ausführungen der Tatsacheninstanz erforderlich, ansonsten bietet sich hier ein Angriffspunkt für die Revision.[41]

[35] Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 6. Aufl. 1999 Rn 867; vgl. auch Freyschmidt, Rn 906.
[36] Buschbell/Schäpe, MAH Straßenverkehrsrecht, § 17 Rn 20.
[37] Dazu z.B. KK-StPO/Gericke, § 344 Rn 51.
[38] Vgl. hierzu Buschbell/Schäpe, MAH Straßenverkehrsrecht, § 17 Rn 31; vgl. auch OLG Stuttgart NZV 1997, 316.
[39] BGHSt. 47, 32.
[41] NK-GVR/Quarch, § 316 StGB Rn 19 m.w.N.

2. Speziell: Revision und Entzug der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO

 

Rz. 53

Für den Verteidiger stellt sich bei Durchführung einer Revision/Sprungrevision in einem Verfahren, in dem Gegenstand des Verfahrens auch die Entziehung der Fahrerlaubnis ist, die Problematik, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der Entscheidung zum vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis zu erreichen ist.

Für die Aufhebung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch nach Einlegung der Revision grundsätzlich der letzte Tatrichter zuständig. Hebt das Revisionsgericht die angefochtene Entscheidung im Ganzen auf, weil die Voraussetzungen der Maßregel gem. § 69 StGB nicht vorliegen, so kann auch das Revisionsgericht entsprechend dem Grundgedanken des § 126 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 StPO den Beschluss des Amtsgerichtes gem. § 111a Abs. 2 StPO aufheben.[42]

[42] OLG Koblenz SVR 2008, 263.

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