A. Vorbemerkung
Rz. 1
Zum Thema
Siehe ergänzend Jahnke, Abfindung von Personenschadenansprüchen, 2. Aufl. 2008, § 1.
Rz. 2
Die Kapitalisierung künftiger Forderungen aus Schadenfällen dient der wirtschaftlichen Erledigung von Regressfällen im Interesse aller Beteiligten. Die Abfindung eines Drittleistungsträgers wird dabei nicht immer von denselben Kriterien bestimmt wie die Abfindung des Direktanspruchs. Gesetzliche Bestimmungen über die Modalitäten einer Kapitalisierung haftpflichtrechtlicher Schadenersatzansprüche existieren nicht. Für die außergerichtliche Kapitalisierung gelten gegenüber der gerichtlichen keine wesentlichen Unterschiede.
Rz. 3
Soweit die Kapitalabfindung durch Urteil ausgesprochen wird, muss das erkennende Gericht nachvollziehbar darlegen, von welchen künftigen wirtschaftlichen Faktoren es bei der Schätzung nach § 287 ZPO ausgeht.[1]
Rz. 4
Die einzelnen Berechnungsfaktoren sind je nach den Besonderheiten des Falles zu schätzen, wobei die Beteiligten Prognosen zur künftigen Entwicklung der Lebensumstände des Verletzten und der wirtschaftlichen Daten und Rahmenbedingungen wagen müssen. Letztlich ist der Kapitalbetrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen frei auszuhandeln.
Rz. 5
Der Berechtigte soll (so der BGH[2] für die gerichtliche Kapitalisierung) denjenigen Kapitalbetrag erhalten, der – ausgerichtet an den individuellen Verhältnissen des Berechtigten – während der voraussichtlichen Laufzeit der Rente (d.h. einer bestimmten Zeit oder aber der durchschnittlich noch zu erwartenden Lebens- oder Erwerbsdauer) zusammen mit dem Zinsertrag dieses Kapitals ausreicht (ausreichen muss), die an sich geschuldete Rente zu zahlen. Am Ende der voraussichtlichen Laufzeit ist dann das (zwischenzeitlich immer wieder verzinste Rest-) Kapital bis auf Null abgebaut.
Rz. 6
Bei der Kapitalisierung wird also der gegenwärtige Wert künftiger Rentenleistungen ermittelt (Barwertberechnung einer Rente zur endgültigen Ablösung einer Rente). Die (auf die Abgeltung künftig fällig werdender Renten gerichtete) Kapitalabfindung ist selbstredend niedriger als die Addition der sukzessive fällig werdenden Renten. Nur die im Zeitpunkt der Kapitalisierung bereits aufgelaufenen fälligen Renten aus der Vergangenheit werden, soweit noch nicht ausbezahlt, addiert und die künftigen Rentenleistungen kapitalisiert.
Rz. 7
Kapitalisierung – Kapitalabbau im weiteren Verlauf
Rz. 8
Die Übersicht 15.2 (siehe Rn 9) zeigt, wie eine erst in 10 Jahren beginnende jährliche Rente bereits "heute" – also vor erstmaliger Fälligkeit – mit einem Betrag versehen ist, der sich zunächst bis zum ersten Fälligkeitszeitpunkt (in 10 Jahren) nur aufzinst und erst danach durch Entnahme der dann jeweils fälligen Leistungen sich bis zum letzten Fälligkeitstermin schließlich auf Null abbaut.
Rz. 9
Kapitalisierung – Aufgeschobene Rente
B. Recht auf Kapitalabfindung
I. Einleitung
Rz. 10
Ein unfallbedingter Erwerbsschaden endet nicht bereits mit dem Zeitpunkt der vollständigen gesundheitlichen Wiederherstellung. Auch nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit kann Schadenersatz wegen Verdienstausfalls verlangt werden, wenn und solange die Erwerbslosigkeit noch ihre Ursache in dem Unfall hat.[3]
Rz. 11
Mittlerweile (an-)erkennt auch die Rechtsprechung die Sinnhaftigkeit und das Interesse von Geschädigten und Schädiger an einer Erledigung von Schadenersatzansprüchen durch Kapitalabfindung,[4] wenngleich gerade die BGH-Rechtsprechung zum Forderungsübergang auf Drittleistungsträger (insbesondere SHT (siehe § 16 Rn 17), Arbeitsverwaltung (siehe § 16 Rn 32), Krankenkasse,[5] Versorgungsverwaltung[6]) diese Kapitalisierung für den Schadenersatzpflichtigen unnötig erschwert und mit Risiken behaftet.[7]
Rz. 12
Teilweise gibt das Gesetz unter engen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kapitalabfindung. Besteht kein solcher gesetzlicher Anspruch auf eine Kapitalabfindung, sind die Beteiligten trotzdem nicht gehindert, im Wege der Verhandlung (Vertragsfreiheit) eine solche zu vereinbaren. Die Konditionen können und müssen auch dann frei ausgehandelt werden. Hierbei ist den wirtschaftlichen Interessen beider Seiten gerecht zu werden.
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