Rz. 537

Der Vorteil des Realsplittings besteht darin, dass sich die Steuerbelastung des Schuldners in der Regel drastisch ermäßigt. Denn der geleistete Ehegattenunterhalt[900] wird von der Spitze seines zu versteuernden Einkommens abgezogen. Der Schuldner erzielt also eine Steuerersparnis in Höhe seiner persönlichen Spitzensteuerbelastung. Je höher das Einkommen des Schuldners ist, umso größer ist der steuerliche Vorteil.[901] Die Steuerersparnis führt zu einem höheren Einkommen und damit meistens zu höherem Unterhalt; beide Beteiligten haben also Vorteile.

 

Rz. 538

Die Nachteile können allerdings – insbesondere in der Trennungszeit – erheblich sein:

Der Unterhalt wird gemäß § 22 Nr. 1a EStG als steuerpflichtiges Einkommen des Gläubigers behandelt. Je höher das eigene Einkommen des Gläubigers ist, umso mehr erhöht sich wegen der Progression seine Steuerbelastung. Diesen Steuernachteil muss der Schuldner ersetzen.
Ggf. entstehen – bei einem steuerlich unkundigen Gläubiger – Steuerberaterkosten, die zusätzlich ersetzt werden müssen.[902]
In allen Bereichen, in denen das steuerpflichtige Einkommen maßgeblich ist, kann sich das Realsplitting schädlich auswirken. Weil der Unterhalt bei Durchführung des Realsplittings als Einkommen zählt und sich die maßgeblichen Einkommensgrenzen nach dem steuerlichen Einkommen richten, können sich negative Auswirkungen z.B. beim Wohngeld, beim Erziehungsgeld, bei Kindergartenbeiträgen, bei Spar- und Wohnungsbauprämien ergeben.
Beachten in der Trennungszeit! Wenn der Gläubiger über die Familienversicherung kostenfrei beim Schuldner gesetzlich krankenversichert ist, kann es nach einer Entscheidung des BSG[903] in der Zeit vor der Scheidung dazu kommen, dass wegen des Realsplittings der Gläubiger eigene Krankenversicherungsbeiträge zahlen muss. Das ist im Jahr 2021 der Fall, wenn der Gläubiger – einschließlich des Unterhalts – ein Einkommen hat, das die Grenze des § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V von zurzeit monatlich 470 EUR übersteigt. Selbst wenn der Gläubiger nichts verdient, aber Unterhalt auch nur in Höhe von 476 EUR erhält, kann der Steuervorteil des Realsplittings mehr als aufgewogen werden durch die Krankenversicherungs-Beitragspflicht.

Es kann auch finanzielle Nachteile geben, die keine steuerlichen Nachteile darstellen.

 

Beispiel

Auf das Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes nimmt das BAföG Bezug ("Einkommen der Eltern"). Der Unterhalt kann danach zu Einkommen werden, das bei der Berechnung der Höhe der BAföG-Leistungen zu berücksichtigten ist. Evtl. werden keine Leistungen mehr gewährt oder der/die Unterhaltsberechtigte wird mindestens zum Teil zahlungspflichtig. Dies ist bei "getrennten Eltern" kein Problem, da sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend reduziert. Bei einem Kind aus früherer Ehe ist es jedoch nicht der Fall. Es erhöht sich dann das insgesamt zur Verfügung stehende Einkommen. Damit droht ggf. dem Unterhaltsberechtigten ein finanzieller Nachteil.

Beachten! Der beratende Rechtsanwalt sollte den Unterhaltsgläubiger auffordern, vor Unterschrift seines Beteiligten auf der Anlage U der Steuererklärung zuzusichern, dass die der eigenen Partei damit evtl. verbundenen finanziellen Nachteile (nicht: steuerlichen Nachteile) ausgeglichen werden.

[900] Dazu gehören gemäß BFH FamRZ 2008, 888 auch die vom Schuldner erstatteten Nachteile des Gläubigers (z.B. Steuermehrbelastung, Steuerberaterkosten), außerdem gemäß BFH FamRZ 2000, 1360 (m. Anm. Quack, FamRZ 2001, 221) das Überlassen einer Immobilie zur Nutzung und nicht nur die Übernahme von Verbrauchskosten. Der anteilige Mietwert kann also im Rahmen des Realsplittings ebenfalls geltend gemacht werden. Wenn der Unterhaltsgläubiger im Haus bleibt und mit Unterhaltszahlung, Nutzungsüberlassung sowie Übernahme von Verbrauchskosten noch nicht der steuerliche Höchstbetrag erreicht wird, sollte der Schuldner die Hausbelastungen als Unterhalt an den Unterhaltsgläubiger und dieser an den Kreditgläubiger, Versicherung o.Ä. zahlen; unmittelbare Zahlungen des Schuldners an Kreditgläubiger o.Ä. führen ggf. zu Steuernachteilen.
[901] Im Jahr 2021 maximal 45 % Einkommensteuer sowie hiervon 9 % Kirchensteuer (Bayern und Baden-Württemberg 8 %) und 5,5 % Solidaritätszuschlag, bei 13.805 EUR also 8.213,97 EUR.
[902] BGH FamRZ 1988, 820: Nicht, wenn nur die Unterhaltsleistungen in das Erklärungsformular einzutragen sind und der Schuldner den Ausgleich steuerlicher Nachteile zugesagt hatte.
[903] BSG FamRZ 1994, 1239.

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