Rz. 7

Da die Auflage nicht zwingend einen Begünstigten hat, der ihre Erfüllung (Vollziehung) verlangt, muss es eine andere Person geben, die die Vollziehung durchsetzt, den sog. Vollziehungsberechtigten. Gemäß § 2194 BGB ist grundsätzlich (und im Zweifel, also vorbehaltlich abweichender Anordnungen des Erblassers) der Erbe gegenüber dem beschwerten Vermächtnisnehmer vollziehungsberechtigt. Gleiches gilt für den Miterben[16] gegenüber den anderen, beschwerten Miterben und darüber hinaus für jeden, dem der Wegfall des Beschwerten unmittelbar erbrechtlich zustatten kommen würde. Weiterer Vollziehungsberechtigter ist stets der Testamentsvollstrecker.[17]

Ob auch ein Auflagenbegünstigter als Vollziehungsberechtigter hinsichtlich der zu seinen Gunsten angeordneten Auflage in Betracht kommt, ist umstritten.[18] Im Zweifel wird bei Ablehnung einer Vollziehungsberechtigung des Begünstigten aber zu prüfen sein, ob nicht statt einer Auflage ein Vermächtnis gewollt ist.[19] Für die Gestaltungspraxis empfiehlt sich die Ausstattung des Begünstigten mit einem Vollziehungsanspruch jedenfalls nicht.

 

Rz. 8

Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung des Vollziehungsberechtigten, die Erfüllung der Auflage tatsächlich zu verlangen bzw. durchzusetzen.[20] Ob er von seinem Vollziehungsrecht Gebrauch macht, steht allein in seinem eigenen Ermessen.[21] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erblasser insoweit entsprechende Anweisungen verfügt hat, also regelmäßig in Bezug auf den Testamentsvollstrecker, dessen Aufgabe grundsätzlich in der vollständigen Umsetzung des Erblasserwillens bzw. seiner Anordnungen besteht.

Durch die Einbindung eines Testamentsvollstreckers kann der Erblasser also dafür sorgen, dass die Verpflichtung des Auflagenbeschwerten im Ergebnis ebenso stark und verbindlich ausgestaltet wird wie im Falle einer Vermächtnisanordnung.[22]

 

Rz. 9

Noch wirksamer als die Überwachung durch einen Testamentsvollstrecker kann es sein, die erbrechtliche Begünstigung (Erbeinsetzung, Vermächtnisanordnung) des Beschwerten an die (auflösende) Bedingung zu knüpfen, dass die Auflage nicht binnen einer bestimmten Frist erfüllt wird.

Wichtig ist bei derartigen Anordnungen aber, zum einen darauf zu achten, dass zwischen Testamentserrichtung und Erbfall der Sinn der Auflage entfallen kann, und – in technischer Hinsicht – diese Sanktion nur dann sinnvoll ist, wenn genügend Ersatzerben bzw. Ersatzvermächtnisnehmer zur Ausfüllung der durch den Wegfall des Auflagenbeschwerten entstehenden Lücke zur Verfügung stehen. Mangelt es hieran, könnte nämlich der Nachlass oder wenigstens ein Teil davon entfernten Verwandten (als gesetzlichen Ersatzerben) oder dem Fiskus anfallen.

[16] Nach OLG Karlsruhe ZEV 2004, 331 mit Anm. J. Mayer, kann ein Erbe auch dann die Vollziehung einer Auflage verlangen, wenn er selbst durch die Auflage begünstigt wird.
[17] Nieder/Kössinger, HdB Testamentsgestaltung, § 9 Rn 119; Lange/Kuchinke, § 30 III 3.
[18] Dafür: OLG Karlsruhe ZEV 2004, 331; Staudinger/Otte, § 2194 Rn 9; MüKo/Rudy, § 2194 Rn 3 m.w.N.; dagegen: Vorwerk, ZEV 1998, 297; J. Mayer, ZEV 2004, 333 m.w.N.
[19] Vgl. Nieder/Kössinger, HdB Testamentsgestaltung, § 9 Rn 121.
[20] MüKo/Rudy, § 2194 Rn 7; Ausnahme: der Testamentsvollstrecker ist von Amts wegen zur Geltendmachung verpflichtet, Nieder/Kössinger, HdB Testamentsgestaltung, § 9 Rn 124.
[21] MüKo/Rudy, § 2194 Rn 7.
[22] Lange/Kuchinke, § 30 I 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge