Rz. 49

Eine MPU aufgrund des Alkoholkonsums erfolgt, wenn die Voraussetzungen des § 13 S. 1 Nr. 2a bis e FeV[134] i.V.m. der Nr. 8 der Anlage 4 zur FeV hierzu erfüllt sind, d.h. z.B. wenn

ein Kraftfahrer erstmalig mit einer Promillezahl von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr ein Kraftfahrzeug führt oder er mehrfach mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen ist,
bei einem Radfahrer eine Promillezahl von 1,6 Promille oder mehr nachgewiesen wird.[135] ,[136]

Eine differenzierte Betrachtungsweise erfolgt bei Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs.[137]

 

Rz. 50

Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. e 2. Alt. FeV kommt lediglich dann in Betracht, wenn durch die Begutachtung festgestellt werden soll, ob eine in der Vergangenheit alkoholabhängige Person die Fahreignung deshalb wiedererlangt hat, weil sie (jedenfalls) jetzt nicht mehr alkoholabhängig ist. Dient eine Fahreignungsbegutachtung demgegenüber dazu, abzuklären, ob eine Person überhaupt alkoholabhängig ist, kommt lediglich die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage von § 13 S. 1 Nr. 1 FeV in Betracht.[138]

 

Rz. 51

In der neueren Rechtsprechung wird vertreten, dass nach strafgerichtlicher Entziehung der FE (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der bei der Verkehrsteilnahme vorgelegenen Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist.[139] Dem kann nicht gefolgt werden.[140] Es bedeutete einen Wertungswiderspruch zu der Regelungssystematik des § 13 FeV,[141] wenn man in § 13 S. 1 Nr. 2 lit. a FeV einen Auffangtatbestand sehen will.[142]

[134] Dazu: NK-GVR/Koehl, § 13 Rn 10 ff.; Koehl, Alkoholkonsum und Fahreignung: Wichtige Rechtsprechung, zfs 2016, 4 ff.
[135] BVerwG, Beschl. v. 20.6.2013 – 3 B 102.12, zfs 2013, 474 = DAR 2013, 594; OVG Rheinl.-Pfalz, Urt. v. 17.8.2012 – 10 A 10284/12.OVG zfs 2012, 716 = NZV 2013 = NJW 2012, 3388, 103; ThürOVG Beschl. v. 9.5.2012 – 2 SO 596/11, VerkMitt. 2012, 93; vgl. auch Tepe, DAR 2013, 372, 375. Zur MPU beim Führen eines Fahrrades vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 17.11.2014 – 11 ZB 14.1755, zfs 2015, 236.
[136] Auch beim Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge kommt eine MPU in Betracht. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet dafür erweist. Gemäß der Verordnungsbegründung zu § 3 FeV gilt diese Vorschrift für Personen, die kein fahrerlaubnispflichtiges Kfz führen, sondern in anderer Weise am Straßenverkehr teilnehmen, z.B. für Fahrrad- und Mofafahrer und Lenker von Fuhrwerken (vgl. BR-Drucks 443/98, S. 237; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Verkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 3 FeV Rn 10; Ternig in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 3 FeV Rn 1). Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV). Damit ist auch bei einer Fahrt mit einem Fahrrad unter den Voraussetzungen des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen. (BayVGH, Beschl. v. 9.8.2016 – 11 ZB 16.880; BayVGH, Beschl. v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – juris). § 11 Abs. 8 FeV gilt auch hier. Bei Nichtbefolgen der MPU-Anordnung kann das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt werden (BayVGH, Beschl. v. 9.8.2016 – 11 ZB 16.880).
[137] Auch eine außerhalb des Straßenverkehrs aufgetretene Alkoholauffälligkeit kann die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachten zur Klärung der von einer Person durch Alkoholmissbrauch ausgehenden Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer dann rechtfertigen, wenn die Alkoholauffälligkeit in einer Weise zutage getreten ist, die zu der begründeten Annahme Anlass gibt, der Betreffende werde angesichts der bei ihm erkennbar gewordenen Alkoholgewohnheiten voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft auch nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führen und so zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden (VG Mainz, Beschl. v. 14.6.2012 – 3 L 823/12.MZ, ZVR-Online Dok.-Nr. 51/2012: auf einem Fest volltrunken und randalierend festgenommen und durch Rettungskräfte in ein Krankenhaus verbracht, wo er aufgrund andauernder Aggressionen durch Polizeibeamte bewacht werden musste, bis ein Transport in eine Fachklinik möglich war. Eine im Krankenhaus entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 3,0 Promille.). Siehe auch Koehl, NZV 2012, 570, 573 m.w.N.
[138] VGH BW, Beschl. v. 8.9.2015 – 10 S 1667/15, zfs 2015, 714 im Anschluss an BayVGH, Beschl. v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139, SVR 2011, 275.
[139] VGH Bad.-Württ. Beschl....

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