Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 101
Zuständig für die Entscheidung über den Antrag nach § 890 ZPO ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges. Dies gilt auch dann, wenn der Titel im Privatklageverfahren geschaffen wurde. Das Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes, der ersatzweisen Ordnungshaft oder der originären Ordnungshaft unterliegt unter den Voraussetzungen des § 78 ZPO dem Anwaltszwang. Dies gilt für den Gläubiger ebenso wie für den nach § 891 ZPO zwingend anzuhörenden Schuldner, da hier weder § 78 ZPO noch § 891 ZPO eine Ausnahme vorsehen.
Der Gläubiger muss in seinem Antrag weder die Art noch die Höhe des Ordnungsmittels bezeichnen. Tut er dies gleichwohl, wird das Gericht dies nur als Anregung auffassen. Begrenzt wird die Höhe des Ordnungsmittels allerdings durch den Umfang der Androhung.
Rz. 102
Hinweis
In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, ein Mindestordnungsgeld oder eine Mindestordnungshaft anzuregen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich der Schuldner von einem geringer bemessenen Ordnungsmittel nicht wird beeindrucken lassen. Die entsprechenden Anhaltspunkte sind vorzutragen und möglichst glaubhaft zu machen. Allerdings wird mit einer Kostenquote zu rechnen sein, wenn das Gericht unter den angegebenen Mindestgrenzen bleibt. Auf keinen Fall sollte aber darauf verzichtet werden, die Kriterien aufzuzeigen, die eine hinreichende Höhe des Ordnungsgeldes fordern.
Rz. 103
Der Gläubiger bedarf keiner gesonderten Kostenentscheidung in dem Beschluss, da die bei ihm angefallenen Kosten dem Schuldner als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO zur Last fallen. Im Übrigen gelten nach § 891 ZPO die §§ 91 ff. ZPO, d.h. eine Kostenentscheidung hat dann zu ergehen, wenn der Antrag des Gläubigers ganz oder teilweise zurückgewiesen wird. Ein Teilunterliegen im Sinne von § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist nach dem BGH anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.
Rz. 104
Eine Festsetzung von Ordnungsmitteln und damit auch ein hierauf bezogener Antrag scheiden aus, wenn seit der maßgeblichen Zuwiderhandlung mehr als zwei Jahre vergangen sind. Nach dieser Zeit ist die Zuwiderhandlung nach Art. 9 EGStGB verjährt. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der untersagten Handlung. Ist ein Schuldner aufgrund eines Urteils verpflichtet, neben der Unterlassung zugleich tätig zu werden, kann die Verjährung allerdings nicht beginnen, solange diese Pflichtensituation fortbesteht und der Schuldner pflichtwidrig untätig bleibt.
Rz. 105
Hinweis
Ist das Ordnungsmittel innerhalb der Zweijahresfrist festgesetzt worden, tritt eine Verjährung auch dann nicht mehr ein, wenn gegen diesen Ordnungsmittelbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt wird und die Zweijahresfrist dann im Beschwerdeverfahren abläuft. Im weiteren Rechtsmittelverfahren kann also eine Verjährung nicht mehr eintreten.
Zu unterscheiden ist diese Verjährungsfrist von derjenigen für den Unterlassungs- oder Duldungsanspruch selbst. Dieser verjährt nach § 197 Abs. 1 BGB in 30 Jahren.
Rz. 106
Eine Verwirkung des Antragsrechtes kommt vor Ablauf der Verjährungsfrist regelmäßig nicht in Betracht. Das OLG Bamberg hat entschieden, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Art. 9 Abs. 2 EGStGB eine Verjährungsregelung getroffen hat, die bestimmt, nach Ablauf welchen Zeitraums seit Eintritt der Vollstreckbarkeit des Ordnungsmittels dessen Vollzug nicht mehr soll bewirkt werden können. Eine Unzulässigkeit der Vollstreckung innerhalb dieses Zeitraumes allein aufgrund der verstrichenen Frist anzunehmen, sei deshalb nicht veranlasst. Dem ist zuzustimmen.
Dagegen steht der Auferlegung eines Ordnungsgeldes nicht entgegen, wenn gegen den Schuldner wegen derselben Handlung bereits eine Kriminalstrafe verhängt wurde. Die Festsetzung von Ordnungsmitteln ist als Maßnahme der Zwangsvollstreckung zivilgerichtlicher oder familiengerichtlicher Entscheidungen nach § 890 ZPO weiterhin zulässig. Allenfalls bei der Höhe der Ordnungsmaßnahme muss dieser Umstand Berücksichtigung finden, da zwar nicht der Beuge-, sehr wohl der aber der Straffunktion bereits Rechnung getragen ist.
Rz. 107
Das Gericht entscheidet durch einen zu begründenden Beschluss. Das festzusetzende Ordnungsgeld beträgt dabei nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 EGStGB mindestens 5,00 EUR und – insoweit aufgrund besonderer Regelung – nach § 890 Abs. 1 S. 2 ZPO höchstens 250.000,00 EUR je Zuwiderhandlung, soweit die Androhung nicht ein geringeres Ordnungsgeld enthält. Die Ordnungshaft beträgt nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 EGStGB im Einzelfall mindestens einen Tag und höchstens sechs Monate, insgesamt, d.h. in der Addition mehrerer Zuwiderhandlungen, höchstens aber zwei Jahre, § 890 Abs. 1 ZPO.
Rz. 108
Das Ordnungsmittel des § 890 ZPO ist im Hinblick auf seinen Zweck zu bemessen, einerseits die Zuwiderhandlung zu sühnen, andererseits den V...