Rz. 181

Der Verlust des Schadensfreiheitsrabatts, also die Belastung mit einer höheren Versicherungsprämie in der Haftpflichtversicherung stellt keine vom Unfallgegner zu ersetzende Schadensfolge dar. Es handelt sich um einen allgemeinen Vermögensnachteil, der seine Ursache nicht in der Beschädigung des eigenen Pkw des Geschädigten hat, sondern darin, dass der Geschädigte selbst bei dem Unfall ein fremdes Fahrzeug beschädigt hat und dafür haftpflichtig gemacht worden ist.[388] Eine Ersatzpflicht für den Rückstufungsschaden nach § 823 Abs. 1 BGB oder den anderen Haftungsvorschriften kann unter Umständen bestehen, wenn der Rabattverlust auf der Verletzung eines der in diesen Vorschriften genannten absoluten Rechts beruht.[389]

 

Rz. 182

Die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung stellt für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens dar, für den der Schädiger haftet.[390] Dies gilt auch für den Fall nur anteiliger Schadensverursachung; auch dann haftet der Schädiger für den Rückstufungsschaden in der Kaskoversicherung, das heißt, der Schaden ist wie jeder andere nach den hierfür geltenden Regeln zu teilen.[391] Denn der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung tritt auch bei einer Mithaftung des Unfallgegners alleine dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden, und dafür ist der Verursachungsbeitrag des Unfallgegners mitursächlich geworden. Er haftet deshalb für den Rückstufungsschaden mit der auf ihn entfallenden Quote. Die Höhe der auf die Beteiligten entfallenden Quote ist für die grundsätzliche Haftung ohne Belang. Falls der Geschädigte wegen seiner Mithaftung einen Teil seines Schadens selbst tragen muss, wird er in der Regel seine Kaskoversicherung jedenfalls wegen des Schadensanteils in Anspruch nehmen, für den er selbst verantwortlich ist. Ob der Unfallgegner bzw. sein Haftpflichtversicherer unverzüglich eine Regulierung anbietet, spielt dafür keine Rolle. Deshalb muss der Geschädigte vor der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung auch grundsätzlich nicht die Mitteilung über die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers seines Unfallgegners abwarten.[392] Hier ist jedoch Zurückhaltung angebracht. Es kann einen Verstoß gegen die Schadensgeringhaltungspflicht vorliegen, wenn der über die Kaskoversicherung zu regulierende Schadensbetrag mit dem Mehraufwand in der Kaskoversicherung in keinem vernünftigen Verhältnis steht; in einem solchen Fall muss der Geschädigte die Mitteilung über die Regulierungsbereitschaft des Haftpflichtversicherers abwarten, bevor er die Fahrzeugvollversicherung in Anspruch nimmt.[393]

 

Rz. 183

Die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung ist nicht erforderlich, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer die Regulierung unverzüglich anbietet und die Ersatzleistung ohne Verzögerung erfolgt; nimmt der Geschädigte in diesem Fall die Vollkaskoversicherung trotzdem in Anspruch, hat er die Mehrkosten in Form des Rückstufungsschadens grundlos verursacht, so dass kein Ersatzanspruch besteht; etwas anderes gilt, wenn der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners die Regulierung schuldhaft verzögert oder dem Geschädigten ein Zuwarten nicht zugemutet werden kann.[394] Eine Inanspruchnahme der Kaskoversicherung zu dem Zweck, den Vorteil Neupreisentschädigung zu erlangen, führt zu keinem dem Unfallgegner zuzurechnenden Rückstufungsschaden.[395]

 

Rz. 184

Ein vom Schädiger zu ersetzender Rabattverlust durch Rückstufung in der Fahrzeug-Vollkaskoversicherung kann für die Zukunft regelmäßig nicht mit der Leistungs-, sondern nur mit der Feststellungsklage geltend gemacht werden, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen des Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird.[396] So ist beispielsweise die Dauer des Versicherungsvertrags nicht sicher voraussagbar; auch besteht auch die Möglichkeit eines weiteren Unfalls.[397]

[388] BGHZ 66, 398; BVerwGE 95, 98.
[389] Etwa bei der Inanspruchnahme eines Schwarzfahrers, vgl. BGHZ 66, 398.
[390] Vgl. BGHZ 44, 382, 387; BGH, Urt. v. 19.12.2017 – VI ZR 577/16, NJW 2018, 1598; BGH, Urt. v. 25.4.2006 – VI ZR 36/05 – VersR 2006, 1139, 1140; Urt. v. 14.6.1976 – III ZR 35/74 – VersR 1976, 1066, 1067, insoweit in BGHZ 66, 398 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 26.9.2006 – VI ZR 247/05, VersR 2007, 81; BVerwGE 95, 98, 102 f.; dazu Staab, DAR 2007, 349; ­Tomson, VersR 2007, 923.
[393] Vgl. Tomson, a.a.O.
[394] So zutreffend Tomson, a.a.O. m.w.N.
[395] Tomson, a.a.O.
[396] BGH, Urt. v. 3.12.1991 – VI ZR 140/91, VersR 1992, 244.
[397] Tomson, VersR 2007, 923.

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