Rz. 103

Grundsätzlich gibt es für die im Bewilligungsverfahren entstehenden Gebühren keinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse.[122] Um Vereinbarungen schon in diesem Verfahrensstadium zu fördern, hat die ganz herrschende Rechtsprechung schon immer zumindest Prozesskostenhilfe für die 5/10 Prozess- und die 10/10 Vergleichsgebühr gewährt (§§ 32 Abs. 2, 23 BRAGO).[123]  Daran sollte sich nichts ändern; es sollte im Gegenteil die Verfahrenskostenhilfe auch für die Terminsgebühr gewährt werden.[124] Die Entscheidung des BGH,[125] die noch zur BRAGO erging und die weder die halbe Prozessgebühr noch die halbe Erörterungsgebühr (§§ 51 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1, 4 BRAGO), sondern nur die damalige Vergleichsgebühr (heute Einigungsgebühr) für erstattungsfähig hielt, verdient keine Zustimmung. Würde diese Auslegung in der Praxis angewandt, würde die Konsequenz sein, dass die Einigungen in das Hauptsacheverfahren verlagert werden müssen, da andernfalls der Anwalt zwar vom Mandanten 1,0 Verfahrensgebühr und 1,2 Terminsgebühr zu fordern hätte, diese Ansprüche wegen der Bedürftigkeit des Mandanten, die Grundlage der Verfahrenskostenhilfe ist, gegen ihn nicht durchsetzen könnte.[126] Angesichts der Änderung in § 48 Abs. 3 RVG und den zugrunde liegenden Motiven zum 2. KostRMoG ist sehr zu überlegen, ob wirklich die Einschränkung der Vergütung im Einigungsfall nur für den Mehrvergleich in Ehesachen, nicht aber bei sonstigen Mehrvergleichen angezeigt ist und nicht auch insbesondere in den Einigungsfällen im VKH-Bewilligungsverfahren. Ein substantieller Unterschied der einzelnen Verfahren ist nicht erkennbar.[127] Es ist weiterhin eine Beiordnung "für das gesamte Antragsverfahren" und nicht nur "für den Abschluss der Einigung" zu verlangen. Dies erspart den Umweg ins Hauptsacheverfahren. Diesbezüglich führt Müller Raabe aus:[128] "Man kann dem Anwalt im Interesse des Mandanten und in seinem eigenen (Mandant ist häufig nicht zahlungsfähig) nur empfehlen, dem Druck zahlreicher Gerichte zu einer Einigung im Bewilligungsverfahren zu widerstehen."

 

Rz. 104

War das VKH-Bewilligungsverfahren eingeleitet und der Hauptsacheantrag unbedingt erhoben, und wurde, bevor es zur Einigung im VKH-Verfahren kam, ein Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, muss die Verfahrenskostenhilfe rückwirkend für das Hauptsacheverfahren bewilligt werden.[129]

[122] So schon BGH JurBüro 1984, 1349: keine VKH für das VKH-Bewilligungsverfahren, Ausnahmen vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3335 Rn 34.
[123] Gerold/Schmidt/v. Eicken, 15. Aufl., vor § 121 BRAGO Rn 7, 8 m.w.N.; einige Gerichte haben weitergehend die Prozesskostenhilfe für das ganze Verfahren bewilligt (Nachweise Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3335 Rn 34 ff.
[124] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 Rn 171 f., also 1,0 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr, 1,0 Einigungsgebühr.
[125] BGH NJW 2004, 2595 = FamRZ 2004, 1708. Dem ist das OLG München FamRZ 2008, 628 entgegengetreten.
[126] Kritisch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3335 Rn 31 ff., 38; Kindermann, FPR 2005, 390, 391.
[127] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 Rn 174 wendet die Gesetzesänderung auch für den sonstigen Mehrvergleich an.
[128] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3335 Rn 38.
[129] Zutreffend OLG Karlsruhe OLG-Report 2006, 281; zustimmend Madert/Müller-Rabe, NJW 2006, 1927, 1929; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3335 Rn 39.

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