Rz. 11

Da der Vermächtnisnehmer mangels Eintritts in die Gesamtrechtsnachfolge nicht für Nachlassverbindlichkeiten haftet, treffen ihn grundsätzlich auch keine Pflichtteilsansprüche. Allerdings gewährt § 2318 Abs. 1 BGB dem mit einem Vermächtnis beschwerten Erben in bestimmten Situationen das Recht, den Vermächtnisanspruch (wertmäßig) zu kürzen.

Gemäß § 2318 Abs. 1 BGB kann der Erbe aber gegenüber dem Vermächtnisnehmer das Vermächtnis kürzen, wenn er eine Pflichtteilsforderung zu erfüllen hat. Der Vermächtnisnehmer hat sich insoweit an der – internen/wirtschaftlichen – Pflichtteilslast zu beteiligen. Das Kürzungsrecht des Erben nach § 2318 Abs. 1 BGB besteht in der Weise, dass der Vermächtnisnehmer im Verhältnis seines erbrechtlichen Erwerbs die Pflichtteilslast zu tragen hat.

 

Rz. 12

Das Kürzungsrecht des § 2318 Abs. 1 BGB kann, neben den Erben, auch nach § 2188 BGB dem Vermächtnisnehmer selbst zustehen, wenn dieser als Hauptvermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis beschwert ist.

 

Rz. 13

Die Anwendung von § 2318 Abs. 1 BGB setzt stets voraus, dass der Beschwerte neben dem Vermächtnisanspruch auch noch der Inanspruchnahme durch (wenigstens) einen (anderen[18]) Pflichtteilsberechtigten ausgesetzt ist. Unter diesen Voraussetzungen kann der Erbe den Vermächtnisnehmer entsprechend seiner wertmäßigen Beteiligung am gesamten Nachlass im Innenverhältnis zwischen ihm und dem Beschwerten auch an der Pflichtteilslast beteiligen.[19]

 

Rz. 14

Wenn dem Beschwerten ein solches Kürzungsrecht zusteht, gefährdet dies die Erfüllung der durch den Erblasser angeordneten Vermächtnisse.

Bei der Anordnung eines Vermächtnisses ist daher die Frage zu klären, ob gerade bei Gegenstands- und Nutzungsvermächtnissen, insbesondere bei Nießbrauchs- und Wohnungsrechtsvermächtnissen, der Vermächtnisnehmer an der Pflichtteilslast beteiligt werden soll. Ist dies nicht der Fall, so ist in der Verfügung von Todes wegen das Vermächtniskürzungsrecht auszuschließen, was nach § 2324 BGB zulässig ist.[20]

[18] § 2318 BGB setzt immer ein Dreipersonenverhältnis voraus; die eigene (theoretische) Pflichtteilsberechtigung des Beschwerten genügt nicht; der Beschwerte (Erbe) muss wirtschaftlich belastet sein, vgl. Damrau/Tanck/Lenz-Brendel, § 2318 Rn 5.
[19] Zum Rechenweg vgl. Damrau/Tanck/Lenz-Brendel, § 2318 Rn 6.
[20] Damrau/Tanck/Lenz-Brendel, § 2324 Rn 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge