Rz. 34

Durch § 506 ZPO soll erreicht werden, dass eine einheitliche Entscheidung bei zusammenhängenden Verfahren ergeht.[15] Die Vorschrift ergänzt und erweitert die Verweisungsmöglichkeiten nach § 281 ZPO.

 

Rz. 35

Wenn nachträglich ein Anspruch erhoben wird, sei es durch eine Widerklage oder eine Klageerweiterung, der nicht zur sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts gehört, wäre nur dieser neu erhobene Anspruch auf Rüge des Beklagten bzw. Widerbeklagten nach § 281 ZPO an das Landgericht zu verweisen. Dies folgt aus § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, da nach dieser Vorschrift weder eine Widerklage noch ein zusätzlicher Klageanspruch die Zuständigkeit des Amtsgerichts für den ursprünglich erhobenen Anspruch aufheben kann.

 

Rz. 36

Durch § 506 ZPO wird nun ermöglicht, dass der gesamte Rechtsstreit unter Aufhebung des Prinzips der sog. perpetuatio fori an das Landgericht verwiesen werden kann.

 

Rz. 37

§ 506 ZPO findet insbesondere Anwendung, wenn eine Widerklage erhoben wird, deren Streitwert bereits isoliert betrachtet die Streitwertgrenze von 5.000 EUR übersteigt. Dabei reicht es aus, wenn nur eine Eventualwiderklage erhoben wird.[16] Der Anwendungsbereich des § 506 ZPO ist nicht eröffnet, wenn der Streitwert der Widerklage mit dem Streitwert der Klage zusammengerechnet erst über der Streitwertgrenze zwischen der Zuständigkeit des Amtsgerichts und des Landgerichts liegt.

 

Rz. 38

 

Hinweis

Es ist hier zwischen dem Gebühren- und dem Zuständigkeitsstreitwert zu unterscheiden. Bei § 506 ZPO kommt es nur auf den Zuständigkeitsstreitwert an, bei dessen Ermittlung Klage und Widerklage gerade nicht zusammenzurechnen sind (§ 5 Hs. 2 ZPO). Achten Sie darauf, dass dies vom Gericht berücksichtigt wird.

 

Rz. 39

Bei einer Klageerweiterung ist der Anwendungsbereich des § 506 ZPO bereits eröffnet, wenn die Streitwertgrenze bei der Zusammenrechnung des zusätzlichen Anspruchs mit dem ursprünglich erhobenen Anspruch überschritten wird. Dies folgt wiederum aus der gesetzlich normierten Berechnung des Zuständigkeitsstreitwertes (§ 5 Hs. 1 ZPO).

 

Rz. 40

Von § 506 ZPO nicht erfasst werden Anträge auf Verurteilung zum Schadensersatz oder zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 717 Abs. 2, Abs. 3, 302 Abs. 4, 600 Abs. 2 ZPO.[17] Diese sind nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung im anhängigen Verfahren geltend zu machen.

 

Rz. 41

Bei § 717 Abs. 2 ZPO kann z.B. Schadensersatz verlangt werden, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, aus dem bereits vollstreckt wurde.

 

Rz. 42

Nach § 302 Abs. 4 ZPO ist ebenfalls Schadensersatz zu leisten, wenn aus einem Vorbehaltsurteil vollstreckt wurde, das später unter Klageabweisung aufgehoben wurde. Auf diese Regelung wird auch beim Erlass eines Vorbehaltsurteils im Urkundsverfahren verwiesen (§ 599 ZPO).

 

Rz. 43

Auch wenn die Streitwertgrenze nach Verbindung von mehreren Teilklagen (§ 147 ZPO) überschritten wird, ist § 506 ZPO nicht anwendbar.

 

Rz. 44

Die Besonderheit zu einer Verweisung nach § 281 ZPO liegt hier vor allem darin, dass beide Parteien einen Antrag auf Verweisung stellen können. Dies gilt auch dann, wenn die Unzuständigkeit des Amtsgerichts nicht gerügt worden ist.

 

Rz. 45

Auch im Anwendungsbereich des § 506 ZPO ist eine rügelose Einlassung, die zu einer Zuständigkeit des Amtsgerichts führt, erst nach einer Belehrung durch das Gericht nach § 504 ZPO möglich.

 

Rz. 46

Umstritten ist, ob § 506 ZPO auch im Berufungsverfahren Anwendung findet, wenn dort erstmals eine Widerklage erhoben wird, die Klage geändert oder so erweitert wird, dass eine Zuständigkeit des Amtsgerichts nicht mehr gegeben ist. Nach einer Auffassung[18] führt eine Klageerweiterung in der zweiten Instanz, die das Amtsgericht sachlich unzuständig machen würde, dazu, dass ohne nähere Prüfung das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an die erstinstanzliche Kammer beim Landgericht verwiesen werden muss. Begründet wird dies insbesondere mit der Erhaltung des Instanzenzuges. Nach anderer Auffassung[19] ist § 506 ZPO nicht analog auch im Berufungsverfahren anwendbar. Dies wird mit dem Ausnahmecharakter der Vorschrift begründet, die ihrem Wortlaut nach nur das amtsgerichtliche Verfahren betreffe. Zudem sei eine planwidrige Lücke nicht erkennbar.

 

Rz. 47

 

Tipp

Bei den derzeitigen unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Problem sollten Sie in der Berufungsinstanz solche Anträge vermeiden, die in den Anwendungsbereich des § 506 ZPO fallen.

Sollte der Anwendungsbereich des § 506 ZPO nicht eröffnet sein, also insbesondere die Klageerweiterung oder die Widerklage an der amtsgerichtlichen Zuständigkeit nichts ändern, sind diese neuen Anträge unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig.

 

Rz. 48

Die Kosten, die durch die Verweisung entstehen, sind nicht nach § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO zu verteilen, sondern nach dem Verhältnis des Verlierens und Obsiegens. Eine Verweisung auf § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO ist in § 506 ZPO gerade nicht enthalten.

 

Rz. 49

 

Tipp

Sie können im Kostenfestsetzungsverfahren a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge