Rz. 63

Wird ein Regelfall für die Verhängung eines Fahrverbotes bejaht und das Vorliegen eines Ausnahmefalles verneint, so ist zur Anordnung des Fahrverbotes eine weitere Begründung entbehrlich. Im Übrigen ist von dem Grundsatz auszugehen, dass durch die Regelung der Bußgeldkatalogverordnung nicht die Einzelfallprüfung, sondern lediglich der Begründungsaufwand eingeschränkt wird.[93]

 

Rz. 64

In Fällen, in denen der Bußgeldkatalog ein Regelfahrverbot vorsieht, bedarf es grundsätzlich keiner näheren Feststellung dazu, ob der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg auch mit einer höheren Geldbuße hätte erreicht werden können. Der Tatrichter muss jedoch in seinen Urteilsgründen zum Ausdruck bringen, dass er sich einer solchen Möglichkeit bewusst war. Bei ausnahmsweisem Absehen vom Fahrverbot muss das Urteil, um dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung zu ermöglichen, entsprechende tatsächliche Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen enthalten.[94]

 

Rz. 65

Das Tatgericht hat zur Beurteilung der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, der der Verhängung eines Fahrverbotes nach der BKatV entgegensteht, im Allgemeinen Feststellungen darüber zu treffen, welche Berufstätigkeit der Betroffene ausübt.[95]

 

Rz. 66

Beruft sich der Betroffene darauf, er habe ein die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h begrenzendes Verkehrszeichen nicht wahrgenommen, sind nähere Darlegungen des Tatrichters dazu erforderlich, ob ein Augenblicksversagen oder eine die Anordnung eines Fahrverbots rechtfertigende grobe Pflichtverletzung vorliegt.[96]

 

Rz. 67

Will das Gericht von der Verhängung eines Fahrverbotes wegen der drohenden Insolvenz des Betroffenen absehen, so muss es dazu im Urteil Tatsachen mitteilen, aus denen sich der drohende wirtschaftliche Schaden erschließt.[97]

 

Rz. 68

Der Tatrichter kann die Annahme von Beharrlichkeit gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG auf Feststellungen stützen, die den Eintragungen im Fahreignungsregister zu entnehmen sind. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, weitere Einzelheiten zu den dort enthaltenen Vortaten festzustellen und mitzuteilen, insbesondere nicht zur damaligen Motivationslage des Betroffenen.[98]

 

Rz. 69

Will der Tatrichter das Vorliegen eines außergewöhnlichen Härtefalles, welcher ausnahmsweise ein Absehen von der Verhängung eines nach der BKatV indizierten Fahrverbotes rechtfertigen kann, ablehnen, so muss er die wirtschaftliche Situation im Einzelnen darlegen.[99]

 

Rz. 70

Dem Tatrichter steht, wenn er von einem Regelfahrverbot absehen will, kein rechtlich ungebundenes freies Ermessen zu. Deshalb hat er eine auf Tatsachen gestützte, besonders eingehende Begründung zu geben, in der er im Einzelnen darlegt, welche besonderen Umstände in objektiver und subjektiver Hinsicht es gerechtfertigt erscheinen lassen, vom Regelfahrverbot abzusehen.[100]

 

Rz. 71

Das Abweichen von der gesetzlichen Regelfolge beim Fahrverbot ist auch bei bloßer Verkürzung der Zeitdauer zu begründen. Hierbei sind jedoch nicht derart strenge Anforderungen zu stellen wie beim völligen Absehen von einem nach § 4 BKatV indizierten Fahrverbot.[101]

[93] BGHSt 38, 125 = NZV 1992, 117; BGHSt 43, 241 = NZV 1997, 525; zuletzt OLG Köln v. 8.4.2014 – III 1 RBs 73/14.
[94] Z.B. OLG Dresden DAR 1999, 413; vgl. auch OLG Hamm NZV 2000, 136; zuletzt OLG Köln v. 8.4.2014 – III 1 RBs 73/14.
[95] OLG Köln NZV 1998, 293.
[96] OLG Naumburg zfs 2000, 318; vgl. hierzu auch OLG Hamm zfs 2000, 319.
[98] BayObLG DAR 2004, 163; OLG Karlsruhe DAR 2004, 467; BayObLG DAR 2004, 36; BayObLG SVR 2004, 144.
[99] OLG Karlsruhe NZV 2004, 653.
[100] OLG Hamm NZV 2004, 99.
[101] Thür. OLG Jena zfs 2005, 415; vgl. auch OLG Hamm DAR 2005, 460.

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