Rz. 171

Von einer Querschnittslähmung spricht man immer, wenn eine Kombination von Symptomen vorliegt, die bei der Unterbrechung der Nervenleistung auftritt. Es kann zu einer kompletten oder inkompletten Schädigung des Rückenmarks kommen mit entsprechenden Lähmungserscheinungen. Statistisch gesehen ist die häufigste Ursache mit 40 % ein Verkehrsunfall mit Frakturen der Wirbelsäule, wobei insbesondere die Halswirbelsäule betroffen ist. Je nachdem, wie akut die Rückenmarksschädigung ist, gibt es komplette Lähmungen, wobei die Leitungsfunktion des Rückenmarks dann völlig unterbrochen ist oder inkomplette Lähmungen, wobei die Leitungsfunktion des Rückenmarks nur teilweise unterbrochen ist. Ferner unterscheidet man je nach Schwere zwischen einer Plegie (komplette motorische Lähmung) oder einer Parese (inkomplette motorische Lähmung). Ferner unterscheidet man zwischen einer Paraplegie und einer Tetraplegie. Bei der Paraplegie ist das Rückenmark im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule beschädigt. Bei der Tetraplegie, also der vollständigen Lähmung aller vier Gliedmaßen (Beine und Arme), ist dagegen das Rückenmark schon im Bereich der Halswirbelsäule geschädigt. Innerhalb der Querschnittslähmung gibt es ferner verschiedene Abstufungen. So können Rückenmarksschädigungen zu Störungen der motorischen Reflexe führen, bis zum Ausfall von Eigen- und Fremdreflex. Es kann aber auch zum kompletten Ausfall der Kontrolle von Blase und Mastdarm kommen. Dann kommt es zum unkontrollierten Abgang von Urin und Stuhl. Schließlich kann aber auch die gesamte Sensibilität ausfallen, was das Schmerzempfinden betrifft, das Kalt-Warm-Empfinden, das Nass-Trocken-Empfinden oder das Tastempfinden. Man erlebt diese gestörte Regulation der Körpertemperatur oftmals auch, wenn man Querschnittsgelähmte besucht, weil man dort eine Überhitzung der Räume feststellen kann.

Gerade bei der Tetraplegie ist innerhalb der Arztberichte zu gucken, wo die Lähmung eingesetzt hat. Bei der Tetraplegie ist das Rückenmark im Bereich der Halswirbelsäule geschädigt (Höhe C1 – TH1). Es empfiehlt sich hier, die Arztberichte anzuschauen und zu gucken, wo die Tetraplegie vorlag.

Der oberste Halswirbel wird Atlas genannt. Der darunterliegende zweite Halswirbel heißt Axis. Beide zusammen bilden die Kopfgelenke mit der Schädelbasis. Das obere Kopfgelenk befindet sich zwischen der Schädelbasis und dem Atlas und das untere Kopfgelenk zwischen Atlas und Axis. Verletzungen der Kopfgelenke sind nicht immer auch Verletzungen des Rückenmarks. Auf dieser Höhe ist jedoch das Rückenmark mitbetroffen. So wird der Verletzte diese Verletzungen oft nicht überleben, weil die Atmung aussetzt. Sofern diese Verletzungen überlebt werden, resultiert daraus eine Querschnittslähmung auf Höhe C2. Dann ist eine dauerhafte Beatmung erforderlich.

Man kann sonst als Grobeinteilung unterscheiden: Unterhalb C3 bis C4 liegt eine vollständige Abhängigkeit von der Pflege vor, d.h. der Geschädigte kann selber fast gar nichts mehr machen. Es besteht noch nicht einmal eine Handfunktion. Unterhalb von C4 bis C5 ist ebenfalls eine vollständige Pflegeabhängigkeit gegeben. Es besteht eine passive Funktionshand. Der Geschädigte benötigt aber immer noch einen Elektrorollstuhl unterhalb von C5 bis C6. Hier ist eine aktive Funktionshand vorhanden und auch noch eine aktive Rollstuhlbenutzung. In der Regel kann der Geschädigte bei einer Tetraplegie hier mit einer Handbedienung auch Autofahren. Unterhalb C6 bis C7 ist auch eine teilweise Pflegeabhängigkeit gegeben. Hier ist sogar seitens des Geschädigten noch eine Oberkörperpflege möglich. Dies muss allerdings jeweils mit den Pflegegutachtern geklärt werden. Bei einer Tetraplegie unterhalb von C7 bis TH1 ist sogar noch eine Greiferhand gegeben. Bei der Tetraplegie sind die unteren Gliedmaßen und Arme und Hände sowie Sensibilität in diesem Bereich funktionsgestört. Es handelt sich um schwerste Verletzungen, welche immer Auswirkungen auf Beruf, Haushaltsführung und den häuslichen Umbau haben.

 

Praxistipp

Bereits jetzt kann gesagt werden, dass im Rahmen der vermehrten Bedürfnisse immer an einen Energiemehrbedarf zu denken ist, da Querschnittsgelähmte oftmals mehr heizen müssen und daher diese Schadensposition auszugleichen ist.

 

Rz. 172

Statistisch gesehen handelt es sich bei der Paraplegie um 60 % der Querschnittslähmungen und bei der Tetraplegie um 40 %. Querschnittslähmungen sind eine der schlimmsten Verletzungen überhaupt. Aus diesem Grund ist in der Rechtsprechung auch die Tendenz zu erkennen, dass in diesem Bereich höhere Schmerzensgelder ausgeurteilt werden.

 

Rz. 173

Bereits jetzt lässt sich sagen, dass bei der Querschnittslähmung (je nach Ausmaß) das größte Problem in der Regel die Pflegebedürftigkeit darstellt. Je nachdem, wie groß der Betreuungsaufwand ist, kann mitunter auch eine Doppelassistenz von Nöten sein, so dass hier mit Spezialisten zusammengearbeitet werden muss. Erforderlich ist die Einschaltung von Reha-Management mit dem Ziel der Optimierung von Pfleg...

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