A. Einführung

I. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Teilungsversteigerung – lange Zeit ein weniger bekannter Abschnitt des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) – ist in den letzten Jahren immer mehr zum Gegenstand gerichtlicher Versteigerungsverfahren geworden, weil zum einen immer häufiger Ehen geschieden werden und es zum anderen aufgrund des gestiegenen Wohlstandes immer häufiger Erbfälle gibt, bei denen zum Nachlass Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte (Wohnungs- und Teileigentum/Erbbaurecht/Gebäudeeigentum gem. SachenRBerG) gehören. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Verfahren eher steigen als zurückgehen wird.

Das erbrechtliche und das familienrechtliche Mandat des Rechtsanwalts wird also auch immer häufiger die Durchführung von Teilungsversteigerungsverfahren umfassen. Aus diesem Grunde sollte sich der Berufsstand der Rechtsanwälte – insbesondere die Fachanwälte für Erb- und Familienrecht – eingehend mit der Materie der Teilungsversteigerung befassen.

Mit dieser Abhandlung soll das Instrumentarium der Teilungsversteigerung aus der Sicht des Praktikers verständlich dargestellt werden. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die §§ 180 ff. ZVG als Teil des dritten Abschnitts nur einen kleinen Teil des Gesetzes ausmachen. Die Vorschriften des ersten und zweiten Teils des Gesetzes sind gem. § 180 Abs. 1 ZVG entsprechend anzuwenden. Dies hat zur Folge, dass der mit einem Teilungsversteigerungsverfahren betraute Rechtsanwalt die gesamte Versteigerungsmaterie beherrschen muss, um seinen Mandanten gut beraten und vertreten zu können. Diesem Zweck soll der folgende Abschnitt des Buches dienen.

 

Rz. 2

Nach Storz[1] ist das Gebiet der Teilungsversteigerung abgelegener und rechtlich noch schwieriger als das der Forderungszwangsversteigerung.[2] Außerdem ist es "dadurch gekennzeichnet, dass Streit und Sprachlosigkeit zwischen den beteiligten Gemeinschaftern allzu oft einvernehmliche Lösungen verhindern." Aus meiner langjährigen Erfahrung in Versteigerungsverfahren kann ich nur raten, das Teilungsversteigerungsverfahren ausschließlich als "ultima ratio" anzusehen und auch während des Verfahrens nichts unversucht zu lassen, mit den übrigen Gemeinschaftern doch noch zu einer Einigung zu kommen. Es sichert – soweit dies dann überhaupt noch möglich ist – den Frieden unter den Beteiligten und senkt, was nicht unerwähnt bleiben soll, die Kosten der Auseinandersetzung erheblich.

 

Rz. 3

Die benutzten Begriffe "Teilungsversteigerung" und "Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft" sind beide ungenau. Durch die Versteigerung wird die in der Natur nicht oder nur schlecht teilbare Immobilie im Wege des Zwangs (§ 753 BGB) in einen teilbaren Erlös umgewandelt, an dem sich die Gemeinschaft fortsetzt. Das Verfahren gem. §§ 180 ff. ZVG teilt also weder die Gemeinschaft noch hebt es sie auf, sondern es bereitet ihre Auseinandersetzung nur vor. Trotz der Ungenauigkeit der Begriffe hat sich der Begriff der Teilungsversteigerung durchgesetzt.

[1] Storz/Kiderlen, Praxis der Teilungsversteigerung, Vorwort.
[2] Bothe, Die Teilungsversteigerung, § 1 Rn 3.

II. Rechtsform der aufzuhebenden Gemeinschaften

 

Rz. 4

Mit dem Verfahren können folgende Gemeinschaften an einem Grundstück aufgelöst werden:

a) die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB)
b)

die Gesamthandgemeinschaft

Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB)
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB)[3]
Eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB)
Fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. BGB)
Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft (§§ 145 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB).

Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung der Bruchteilsgemeinschaft und der Erbengemeinschaft als Gesamthandgemeinschaft, da diese das Gros der an Teilungsversteigerungen beteiligten Gemeinschaften ausmachen. Bei der ehelichen Gütergemeinschaft und bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Gemeinschaft, solange sie besteht, nicht aufgelöst werden kann (der Ehegatte bzw. die anteilsberechtigten Abkömmlinge sind nicht berechtigt, die Teilung zu verlangen, §§ 1419 Abs. 1, 1487 Abs. 1 BGB).

Die größten Schwierigkeiten können bei der Teilungsversteigerung einer im Bruchteilseigentum stehenden Immobilie auftreten. Wenn Sie in einem Praxishandbuch zum Erbprozess bei den Ausführungen hier vielleicht eher mit dem Schwerpunkt im Hinblick auf die Erbengemeinschaft rechnen, so sei darauf hingewiesen, dass es in vielen Fällen Bruchteilsgemeinschaften gibt, bei denen ein oder mehrere Bruchteile im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehen.

 

Beispiel

Ehemann (EM) und Ehefrau (EF) leben im gesetzl. Güterstand (§§ 1363 ff. BGB) und sind zu je ½ Anteil Eigentümer einer Immobilie. Sie haben 2 Kinder (K1, K2): EM stirbt ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Nach gesetzl. Erbfolge sind Erben die Ehefrau zu ½ Anteil (§§ 1931 Abs. 1, 1371 BGB) und K1 und K2 zu je ¼ Anteil (§§ 1931 Abs. 1, 1924 Abs. 1, 4 BGB). Im Grundbuch sind nach entsprechender Berichtigung die Ehefrau – zu ½ Anteil – und die Erbeng...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge