Rz. 468

Verliert eine nicht anwaltlich vertretene Partei[319] die Prozessfähigkeit, stirbt der gesetzliche Vertreter der Partei oder hört die Vertretungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters auf, ohne dass die Partei prozessfähig geworden ist, so tritt ebenfalls eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 241 ZPO ein. Der nach der Klageerhebung gegen eine Vor-GmbH mit dem Wandel in eine Abwicklungsgesellschaft oder eine Personengesellschaft verbundene Wechsel der organschaftlichen Vertretung führt allerdings weder zum Wegfall der Prozessfähigkeit noch zu einer Unterbrechung des Verfahrens, wenn die Gesellschaft durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird.[320]

 

Rz. 469

Die Unterbrechung dauert an, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter das Gericht über seine Bestellung informiert haben[321] oder der Gegner der prozessunfähigen Partei beantragt hat, das Verfahren fortzusetzen, und dieser Antrag seitens des Gerichts von Amts wegen dem neuen Vertreter zugestellt wurde.

 

Rz. 470

 

Hinweis

Wird der Beklagte als natürliche Person während des Prozesses prozessunfähig, so sollte der Kläger unverzüglich ein Betreuungsverfahren einleiten, um den Prozess sodann fortsetzen zu können. Bei Gefahr in Verzug[322] kommt auch ein Antrag auf Bestellung eines Prozesspflegers gem. § 57 ZPO analog[323] in Betracht.

 

Rz. 471

Tritt während des Rechtsstreits zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nachfolge unterliegenden Gegenstand der Nacherbfall ein und betrifft der Rechtsstreit einen Gegenstand, über den der Vorerbe ohne Zustimmung des Nacherben verfügen konnte, so wird das Verfahren ebenfalls unterbrochen. Für die Aufnahme gelten die dargestellten Regeln nach § 239 ZPO bei der Unterbrechung durch Tod einer Partei.

 

Rz. 472

Verstirbt der Bevollmächtigte einer Partei im Anwaltsprozess, so führt dies nach § 244 ZPO ebenfalls zur Unterbrechung des Verfahrens kraft Gesetzes. Ein vorläufiges Tätigkeitsverbot gegen einen Rechtsanwalt nach §§ 150, 155 BRAO führt ebenfalls zur Unterbrechung eines Zivilprozesses gem. § 244 ZPO auch dann, wenn das erkennende Gericht davon nichts weiß. Eine durchgeführte Beweisaufnahme ist zu wiederholen; ein ergangenes Urteil ist nicht nichtig, jedoch auf die Berufung hin aufzuheben und der Rechtsstreit an die I. Instanz zurückzuverweisen.[324]

 

Rz. 473

 

Hinweis

§ 244 ZPO ist nur in den Verfahren anwendbar, in denen Anwaltszwang gem. § 78 ZPO besteht. § 244 ZPO kommt mithin nicht zur Anwendung, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist, ohne dass dies nach § 78 ZPO zwingend war. Dies ist darauf zurückzuführen, dass allein im Anwaltsprozess die Partei nicht in der Lage ist, ohne ihren Bevollmächtigten zu handeln.

Beachtet werden muss, dass § 244 ZPO nicht zur Anwendung kommt, wenn für den verstorbenen Bevollmächtigten ein Vertreter nach § 53 BRAO bestellt ist.[325]

 

Rz. 474

Die Unterbrechung endet, wenn der neu bestellte Bevollmächtigte der Partei seine Bestellung dem Gericht anzeigt und das Gericht die Anzeige dem Gegner von Amts wegen zugestellt hat.

 

Rz. 475

Wird die Anzeige eines neu bestellten Bevollmächtigten verzögert, so kann der Gegner beantragen, die Partei selbst zur Verhandlung der Hauptsache zu laden oder dieser eine Frist zur Bestellung eines neuen Bevollmächtigten zu bestimmen.[326]

 

Rz. 476

Wird in der gesetzten Frist kein neuer Bevollmächtigter bestellt, so gilt das Verfahren als aufgenommen, wird mithin fortgesetzt und kann dann auch durch Versäumnisurteil entschieden werden.

 

Rz. 477

Die Regelung des § 245 ZPO, wonach das Verfahren kraft Gesetzes auch dann unterbrochen wird, wenn es infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses zum Stillstand der Rechtspflege kommt, ist in der Praxis irrelevant.

 

Rz. 478

Die Aufnahme des Rechtsstreits ist in § 250 ZPO geregelt. Danach erfolgt die Aufnahme des Rechtsstreits durch Einreichung eines Schriftsatzes oder durch Erklärung zu Protokoll des Urkundsbeamten.

[319] Bei der anwaltlich vertretenen Partei greift § 246 ZPO, so dass das Verfahren nur ausgesetzt werden kann.
[320] BGH NJW 2008, 2441 = MDR 2008, 808.
[321] Muster einer Aufnahmemitteilung nach § 241 ZPO unter Rdn 692.
[322] Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 57 Rn 4.
[323] Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 57 Rn 3.
[324] OLG Hamm NJW 2008, 3075; OLG Celle OLGR 2006, 183.
[325] BGHZ 61, 84; BGH NJW 1982, 2324.
[326] Muster eines Antrags nach § 244 Abs. 2 ZPO unter Rdn 693.

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