Rz. 553

§ 41 Nr. 1–4 ZPO erfasst bereits diejenigen Fälle, in denen der Richter rein formal zu einer Partei des Rechtsstreits ein so enges Verhältnis hat, dass die Vermutung der Befangenheit dieser Nähe innewohnt. Folge ist, dass der Richter schon kraft Gesetzes von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen ist.

 

Rz. 554

Darüber hinaus kommen weitere Fallgestaltungen in Betracht, in denen der Richter aufgrund seiner Nähe zu einer der Prozessparteien der Besorgnis Befangenheit ausgesetzt ist, nämlich:

soweit der Richter oder einer seiner nahen Angehörigen in geschäftlichen Beziehungen zu einer der Parteien steht;[396]
wenn der Richter mit einer der Parteien verlobt oder in einer Lebensgemeinschaft verbunden ist;

wenn der Richter mit einer Partei eng persönlich befreundet ist;[397]

 

Hinweis

Ein bloßes Kennen des Richters und einer Partei genügt dabei nicht. Erforderlich ist vielmehr eine engere persönliche Freundschaft, die vermuten lässt, dass der Richter die notwendige Distanz zu den Parteien und zum Streitgegenstand nicht wahren kann.

wenn der Richter Mitglied in einer juristischen Person oder eines ihrer Organe ist, die am Rechtsstreit beteiligt ist.[398] Anderes gilt, wenn es sich um einen Verein mit einer größeren Mitgliederzahl handelt, ohne dass der Richter eine Beziehung zu den Parteien oder dem Streitgegenstand hat;[399]

 

Hinweis

Allein die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft[400] oder in einer politischen Partei[401] genügen nur dann als Ablehnungsgrund, wenn der abgelehnte Richter hier eine exponierte Stellung innehat und die Gewerkschaft oder die politische Partei selbst Partei ist.

wenn der Richter mit einer Partei verfeindet ist, insbesondere wenn wechselseitige Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung und Beleidigung vorliegen;[402]
wenn eine Partei Vermieter der vom Richter gemieteten Wohnung ist;[403]
wenn der Richter aufgrund einer vorherigen dienstlichen Stellungnahme für den Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Referent mit der Streitsache befasst war.[404]
wenn ein Richter der Lebensgefährte der Tochter des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist und er im Prozess diese persönlichen engen Verhältnisse den Parteien nicht mitteilt, sondern verschweigt, kann bei einer ruhig und besonnen denkenden Partei der Eindruck entstehen, es fehle an der Unvoreingenommenheit, so dass ein Ablehnungsgesuch begründet ist.[405]
[396] LG Regensburg FamRZ 1979, 525.
[397] BayObLG NJW-RR 1987, 127.
[398] BGH NJW-RR 1988, 766.
[399] BGH NJW 2003, 281.
[400] BAG AP Nr. 2 zu § 41 ZPO; BVerfG NJW 1984, 1874.
[401] OLG Koblenz NJW 1969, 1177.
[402] LG Ulm MDR 1979, 1028; differenzierend: OLG Koblenz MDR 2003, 524.
[403] LG Berlin WuM 2000, 333.
[404] OLG Dresden OLGR 2004, 452.
[405] OLG Bremen OLGR 2008, 175.

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