Rz. 124

Die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gibt in der Praxis immer wieder Anlass zu Auseinandersetzungen, da sehr trefflich über die Frage gestritten werden kann, welche Kostenentscheidung "billigem Ermessen" entspricht. Im Rahmen eines solchen Formularbuches können diese Einzelfälle nicht wiedergegeben werden. Im Sinne eines ergänzenden Handbuches sollen allerdings wesentliche Konstellationen der neueren Rechtsprechung aufgeführt werden, die dann den Einstieg in die weitere Problematik erlauben:

Gegen eine Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO darf die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zugelassen werden, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht.[109]

Erklären Antragsteller und Antragsgegner übereinstimmend, ein gerichtlich angeordnetes, aber nicht mehr zu Ende geführtes selbstständiges Beweisverfahren habe sich erledigt, und kommt es nicht zum Hauptsacheverfahren, ist kein Raum für eine Kostenentscheidung, auch nicht in entsprechender Anwendung von § 91a ZPO.[110]

 

Rz. 125

Erklären die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, weil der Kautionsrückzahlungsanspruch im Hinblick auf Forderungen des Vermieters gegen den Mieter nicht besteht, kann dem Mieter gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB ein materieller Kostenerstattungsanspruch gegen den Vermieter zustehen, der im Rahmen der Entscheidung nach § 91a ZPO zur Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf den Vermieter führt. Voraussetzung eines solchen Anspruches ist, dass sich der Vermieter mit der Abrechnung der Kaution in Verzug befand, der Mieter nicht zuverlässig wissen konnte, ob und in welcher Höhe ihm ein Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter zusteht und der Mieter deshalb zur Zahlungsklage bzw. Stufenklage herausgefordert wurde.[111]

 

Rz. 126

Im Rahmen der gem. § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung bei Erledigung der Hauptsache ist maßgeblich auch auf die in § 93 ZPO enthaltene Regelung abzustellen und zu prüfen, ob der Beklagte überhaupt Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.[112]

 

Rz. 127

Im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung beginnt die Frist zur Einlegung der Streitwertbeschwerde (§§ 68 Abs. 1, S. 3, 63 Abs. 3, S. 2 GKG) mit der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO.[113]

 

Rz. 128

Geht bei einer Stufenklage ein Kläger nach Erfüllung des zunächst ausgeurteilten Auskunftsanspruchs auf dieser Grundlage auf eine nunmehr bezifferte Leistungsklage über, ohne dass der Beklagte für die Durchführung der Leistungsklage zusätzliche Veranlassung geboten hat, ist bei übereinstimmender Erledigung der Zahlungsklage vom Kläger quotenmäßig derjenige Teil der Kosten des Rechtsstreits zu tragen, der aufgrund der Bezifferung der Leistungsklage zusätzlich entstanden ist; dagegen hat der Beklagte quotenmäßig die Kosten zu tragen, welche dem ursprünglichen, durch den geschätzten Wert der unbezifferten Leistungsklage geprägten Streitwert der Stufenklage entsprechen.[114]

 

Rz. 129

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO kann das Gericht berücksichtigen, dass sich die beklagte Partei durch Zahlung des mit der Klage geforderten Betrags und Erklärung zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.[115]

 

Rz. 130

Ergeben sich erst im Laufe des Verfahrens Umstände, die den ursprünglich begründeten Anspruch entfallen lassen, und wird das Verfahren daraufhin sofort für erledigt erklärt, ist bei der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen.[116]

 

Rz. 131

Für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ist der erwartete Verfahrensausgang nur ein Kriterium. Daneben ist der die Hauptsache erledigende Vergleich zu berücksichtigen.[117]

 

Rz. 132

 

Hinweis

Vergleichen sich die Parteien in der Hauptsache, ohne sich über die Kosten einigen zu können, und erlässt das Gericht daraufhin einen Beschluss nach § 91a ZPO, ist der Rechtsschutzversicherer daran auch dann gebunden, wenn die Entscheidung nicht der Quote des Obsiegens und Unterliegens entspricht.[118]

 

Rz. 133

Nach Erledigung des Rechtsstreits hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits auch dann zu tragen, wenn die Klage begründet war, er jedoch selbst das erledigende Ereignis zu verantworten hat und dieses bei Klageerhebung absehbar war.[119]

 

Rz. 134

Hat sich der Rechtsstreit durch den Tod des Patienten erledigt, rechtfertigt der Umstand, dass die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn ("Hilfe zum Sterben") bislang nicht hinreichend geklärt erscheinen, eine gegenseitige Kostenaufhebung nach § 91a ZPO.[120]

 

Rz. 135

Wenn der Schuldner von Kindesunterhalt trotz einer Mahnung des Jugendamtes nicht zahlt, gibt er Klageveranlassung und hat daher nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Unterhaltsprozesses die Kosten des Verfahrens zu tragen.[121]

 

Rz. 136

Auch wenn der Beklagte auf das Streitpatent verzichtet hat, kann es bi...

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