a) Die Unterbrechung des Verfahrens wegen des Todes einer Partei, § 239 ZPO

 

Rz. 438

Ist eine Partei nicht anwaltlich vertreten, so tritt im Falle des Todes der Partei eine Unterbrechung des Verfahrens kraft Gesetzes nach § 239 ZPO ein, bis der Rechtsnachfolger das Verfahren aufnimmt.

 

Rz. 439

Stirbt die Partei, so wird dies dem Gericht nicht von Amts wegen bekannt. Der Bevollmächtigte ist deshalb gehalten, den Erbfall dem Gericht mitzuteilen.[294]

 

Rz. 440

Kommt es nicht zu einer alsbaldigen Aufnahme des Verfahrens durch den Rechtsnachfolger der verstorbenen Partei, so kann der Gegner nach § 239 Abs. 2 ZPO beantragen, dass die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden sind.[295]

 

Rz. 441

 

Hinweis

Eine Verzögerung des Rechtsstreits liegt nur vor, wenn der oder die Rechtsnachfolger über den Rechtsstreit informiert sind und ohne gesetzlichen Rechtsfertigungsgrund den Rechtsstreit nicht aufnehmen. Dies setzt voraus, dass der Gegner die Rechtsnachfolger kennt[296] und diese dem Gericht gegenüber namhaft macht. Auch sollte der Bevollmächtigte von sich aus die Rechtsnachfolger ermitteln.

 

Rz. 442

 

Tipp

Der Gläubiger kann nach §§ 357 FamFG Einsicht in die Nachlassakte nehmen und so klären, ob bereits ein Erbschein erteilt wurde. Ist dies der Fall, kann er nach § 357 Abs. 2 FamFG eine beglaubigte Abschrift des Erbscheins verlangen und diesen im Prozess vorlegen und so die Rechtsnachfolge der verstorbenen Partei klären. Alternativ kann er die Beiziehung der Nachlassakte beantragen. Ist noch kein Erbschein erteilt oder beantragt, so kann der Gläubiger als Rechtsnachfolger die gesetzlichen Erben gem. den §§ 1924 ff. BGB angeben. Soweit er die gesetzlichen Erben nicht kennt, kann er diese durch sein Einsichtsrecht gem. § 62 PStG in Erfahrung bringen.[297]

 

Rz. 443

Nach § 239 Abs. 5 ZPO steht den Erben als Rechtsnachfolgern das Recht zu, vor der Annahme der Erbschaft die Fortsetzung des Rechtsstreits, d.h. dessen Aufnahme, abzulehnen.

 

Rz. 444

 

Hinweis

Die Ausschlagungsfrist beträgt nach § 1944 Abs. 1 BGB sechs Wochen, wobei beachtet werden muss, dass diese nach § 1944 Abs. 2 BGB erst in dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Die Ausschlagungsfrist beträgt sogar sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz allein im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält. Letztlich kommt noch die Anfechtung der erklärten oder fiktiven Annahme der Erbschaft nach §§ 1949 ff. BGB in Betracht.

 

Rz. 445

Stirbt die beklagte Partei, sollte der Bevollmächtigte der klagenden Partei das Gericht unverzüglich über diesen Sachverhalt informieren.[298] Sodann sollte die Ermittlung der Rechtsnachfolger beginnen und die Wiederaufnahme des Verfahrens betrieben werden.

 

Rz. 446

Stirbt dagegen die klagende Partei, gibt es für die beklagte Partei grundsätzlich keinen Anlass, von sich aus das Verfahren zu betreiben. Anderes wird nur gelten, wenn aus bestimmten Gründen der Beklagte ein Interesse daran hat, dass die Streitfrage schnell und abschließend geklärt wird.

 

Rz. 447

 

Hinweis

Wurde die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, findet gem. § 246 ZPO keine Unterbrechung statt.

[294] Muster einer Mitteilung der Unterbrechung des Verfahrens nach § 239 ZPO unter Rdn 691.
[295] Muster eines Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens unter Rdn 692.
[296] Zur Ermittlung von Personen s. Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung, 5. Aufl. 2016, § 1.
[297] Vgl. zu dieser Gesamtproblematik Goebel, Wie sie die Erben des Schuldners ermitteln, VE 06/03, S. 85; Goebel, So ermitteln Sie die Erben des Schuldners, VE 07/03, S. 99.
[298] Muster einer Mitteilung an das Gericht über die Unterbrechung nach § 239 ZPO unter Rdn 691.

b) Die Unterbrechung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 240 ZPO

 

Rz. 448

§ 240 ZPO ordnet an, dass das Verfahren unterbrochen wird, wenn es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, welches zur Insolvenzmasse gehört, kommt. Die Unterbrechung dauert an, bis das Verfahren nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wurde oder das Insolvenzverfahren beendet ist. Der Prozess muss zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens allerdings bereits rechtshängig, die Klage also zugestellt gewesen sein.[299] Eine nach der Insolvenzeröffnung erfolgte Zustellung einer Klage an den Insolvenzschuldner ist wirksam und begründet ein Prozessrechtsverhältnis zu ihm; der Rechtsstreit wird nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.[300] Der Beklagte muss also seine Passivlegitimation bestreiten, der Kläger die Klage ggf. zurücknehmen und gegen den Insolvenzverwalter richten bzw. die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. § 240 ZPO gilt auch in der Zwangsvollstreckung und den dortigen Klagen, insbesondere für die Vollstreckungsgegenklage.[301] Dagegen nicht für das Klauselerteilungsverfahren, welches die Zwangsvollstreckung lediglich vorbereitet.[302]

 

Rz. 449

 

Hinweis

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann nicht nur zur Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens, sondern auch zur Unterbrechung von Nebenverfahren...

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