Rz. 84

Eine Erledigung in der Hauptsache liegt nur vor, wenn nach Rechtshängigkeit ein tatsächliches Ereignis eintritt, durch das der mit der Klage geltend gemachte Anspruch entfällt. Allerdings können die Parteien durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung[79] diesen Fall fingieren und so den Weg für eine Kostenentscheidung und einen schnellen Abschluss des Verfahrens frei machen.[80] Dem Gericht ist dann die Beantwortung der Frage entzogen, ob ein erledigendes Ereignis vorliegt.

 

Rz. 85

 

Hinweis

Der Kläger hat bei Eintritt eines erledigenden Ereignisses Der Kläger kein Wahlrecht zwischen Erledigungserklärung und Feststellung der (materiell-rechtlichen) Kostentragungspflicht im Wege der Klageänderung.[81]

 

Rz. 86

 

Hinweis

Eine Erledigung in der Hauptsache liegt mithin nicht vor, wenn die Klage von Anfang an unzulässig oder unbegründet war. In diesem Fall kann der Beklagte der Erledigungserklärung widersprechen bzw. nicht zustimmen. Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers wandelt sich dann in eine Feststellungsklage, dass die Klage erledigt ist. Die Feststellungsklage kann nur Erfolg haben, wenn die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war und ein erledigendes Ereignis vorliegt. Ist dies nicht der Fall, wird die Klage mit der für den Kläger nachteiligen Kostenfolge abgewiesen.

 

Rz. 87

Eine Erledigung in der Hauptsache kommt insbesondere in Betracht, wenn:

die Geldforderung durch den Beklagten ausgeglichen wird;

 

Hinweis

Nicht selten wird zwar die Klageforderung ausgeglichen, die darauf entfallenden Zinsen aber nicht gezahlt. In diesem Fall darf der Bevollmächtigte nur eine Teilerledigungserklärung abgeben. Die Praxis zeigt, dass darauf dann regelmäßig auch die Zinsen gezahlt werden.

in Erbstreitigkeiten nach Klagezustellung die begehrte Auskunft aufgrund der eindeutigen Rechtslage unmittelbar erteilt wird;

für den Beklagten ein Dritter die Forderung ganz oder teilweise ausgleicht;

 

Beispiel

Der Kläger nimmt nach einem Verkehrsunfall lediglich den Fahrer und Halter des den Unfall verursachenden Fahrzeugs in Anspruch. Die nicht verklagte Haftpflichtversicherung, die für den Schaden einzutreten hat, zahlt sodann außergerichtlich den geltend gemachten Schadensersatz ganz oder teilweise. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung ist damit insoweit auch der Rechtsstreit gegen den Fahrer und den Halter in der Hauptsache erledigt.

nach Rechtshängigkeit eine Zahlung durch einen Dritten in der Rechtssphäre des Klägers erfolgt, die sich der Kläger anrechnen lassen muss;

 

Beispiel

Die Vollkaskoversicherung des Klägers, die dieser nach Klageerhebung in Anspruch genommen hat, leistet auf den geltend gemachten Schaden, so dass der Schadensersatzanspruch gem. § 86 VVG[82] teilweise – unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Geschädigten – auf diese übergeht.

die Parteien sich außergerichtlich über die Hauptsache geeinigt haben, ohne eine Regelung für die Kosten gefunden zu haben und ohne dass die außergerichtliche Einigung als gerichtlicher Vergleich protokolliert werden soll;

 

Tipp

Nicht selten ist festzustellen, dass die Parteien eine vergleichsweise Regelung befürworten, sich jedoch nicht über die Kosten des Verfahrens einigen können. Auch in diesen Fällen ist es möglich, dass die Parteien einen gerichtlichen Vergleich in der Hauptsache protokollieren und im Übrigen vereinbaren, dass das Gericht über die Kosten des Verfahrens nach § 91a ZPO entscheiden soll. Aufgrund der Kostenprivilegierung einer Einigung auch über die Kosten, erscheint es allerdings sachgerecht, das Gericht um einen Vorschlag zur Kostenregelung zu bitten. Dieser wird voraussichtlich dem Ergebnis einer Entscheidung nach § 91a ZPO entsprechen, so dass diesem gefolgt werden sollte, um die Kostenprivilegierung nach Nr. 1211 KVGKG in Anspruch nehmen zu können.

der Beklagte die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt;

 

Hinweis

Nach Auffassung des BGH[83] liegt ein erledigendes Ereignis auch dann vor, wenn die Aufrechnungslage bereits vor Klageerhebung bestanden hat, der Beklagte die Aufrechnung jedoch erst nach Klagezustellung erklärt. Diese Frage war zuvor in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Hat der Kläger trotz der bestehenden Aufrechnungslage vor Klageerhebung auf die außergerichtliche Aufrechnung verzichtet, können ihm allerdings die Kosten des Verfahrens im Rahmen der nach § 91a ZPO zu treffenden Entscheidung nach billigem Ermessen unter analoger Anwendung von § 93 ZPO auferlegt werden, wenn der Beklagte die Aufrechnung unverzüglich erklärt.

der Streitgegenstand untergeht, etwa weil die herauszugebende Sache sich nicht mehr im Besitz des Beklagten befindet;

 

Tipp

In diesem Fall ist allerdings zu prüfen, ob eine Umstellung der Klage auf das Interesse nach § 264 Nr. 3 ZPO in Betracht kommt, da dies gegenüber der Erklärung der Erledigung der Hauptsache kostengünstiger und zeitsparender ist.

die mit der Klage begehrte Handlung, Unterlassung, Duldung oder Herausgabe bewirkt wird.
 

Rz. 88

In all diesen Fällen muss der Kläge...

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