Rz. 35

Reine Individualvereinbarungen im Gebrauchtwagenhandel sind eher selten. In der Regel werden vorgedruckte Vertragsurkunden verwendet. Die Einschränkungen für die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch die §§ 305 ff. BGB gelten für alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, gleichgültig, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden (§ 305 BGB). Sie müssen sich dann nicht nur an § 444 BGB, sondern auch an §§ 305 ff. BGB messen lassen.[102]

 

Rz. 36

Als vorformuliert gelten auch Texte, die aus gespeicherten Textbausteinen zusammengefügt sind und deren variierenden individuellen Angaben wie z.B. Name und Anschriften und Bezeichnung des Fahrzeugtyps vor dem Ausdruck eingefügt werden.[103]

 

Rz. 37

Die §§ 305 ff. BGB finden nur Anwendung, wenn der vorformulierte Text von der einen Vertragspartei der anderen gestellt wird. Beim Verbrauchsgüterkauf (siehe § 14 Rdn 1) wird dies zu Lasten des Unternehmers vermutet (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Im Übrigen bedarf es aber der Feststellung, dass eine Partei die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen verlangt.[104] Das ist z.B. nicht der Fall, wenn die Vertragsparteien vor Vertragsabschluss darüber sprechen, wer denn ein vorgedrucktes Vertragsexemplar mitbringt und sich dann die Parteien auf ein Exemplar einigen.[105] Ein "Stellen" von Vertragsbedingungen i.S.d. § 305 BGB liegt nämlich nicht vor, wenn deren Einbeziehung in einen Vertrag auf einer freien Entscheidung desjenigen beruht, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird, er also eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen hätte einbringen können.[106] Als "gestellt" gelten die Bedingungen dagegen, wenn ein Privatverkäufer auf Basis eines von ihm präsentierten Mustervertrags abschließt,[107] auch wenn der Käufer damit einverstanden war.[108]

 

Rz. 38

 

Praxistipp

In der Praxis wird dem Gesichtspunkt des einseitigen "Stellens" des Formularvertrags häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Beruft der Käufer sich darauf, dass ein Haftungsausschluss z.B. gegen § 309 Nr. 7 BGB verstößt (vgl. Rdn 47), kann der Verkäufer sich dennoch auf den – individuell vereinbarten – Haftungsausschluss berufen, wenn er dartun kann, dass das Vertragsformular nicht von ihm einseitig gestellt, sondern gemeinsam gewählt oder "ausgehandelt" wurde.[109]

 

Rz. 39

Für die Einbeziehung von AGB notwendig ist ein ausdrücklicher Hinweis, falls dieser nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, ein deutlich sichtbarer Aushang, der dem Käufer auch mit Rücksicht eventueller Körperbehinderungen die Möglichkeit der Kenntnisnahme in zumutbarer Weise gibt. Das ist vor allem bei Vertragsabschlüssen über das Internet problematisch (vgl. § 18 Rdn 21). Es kann genügen, dass sie über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden können.[110] Beim Erwerb über einen Vermittlungsvertrag (vgl. § 17 Rdn 1 ff.) gelten die vom Vermittler gewählten Bedingungen als vom Verkäufer "gestellt", da er Abschlussgehilfe ist.[111] Die Beweislast für die wirksame Einbeziehung liegt beim Verkäufer.[112]

 

Rz. 40

Der Sachmängelhaftungsausschluss durch Formularvertrag oder AGB beim Gebrauchtwagenkauf ist grundsätzlich zulässig,[113] wenn kein Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 BGB (vgl. § 14 Rdn 1 ff.) vorliegt. Wird der vorgedruckte Sachmängelhaftungsausschluss vom Käufer gestrichen, hat dies nur rechtliche Wirkung, wenn die Streichung vor dem Vertragsabschluss erfolgt.[114]

 

Rz. 41

 

Praxistipp

Obwohl die Streichung des Sachmängelhaftungsausschlusses erst nachträglich erfolgt war, hat das OLG Köln[115] der Klage des Käufers stattgegeben, weil der Verkäufer in erster Instanz die nachträgliche Streichung nicht vorgetragen hat. Die Korrektur in zweiter Instanz kam zu spät.

 

Rz. 42

Enthält ein zwischen Privatpersonen geschlossener Kaufvertrag einen formularmäßigen Haftungsausschluss, wird dieser durch den handschriftlichen Zusatz "gekauft wie gesehen" nicht eingeschränkt.[116]

 

Rz. 43

Bei einem fast neuen Vorführwagen oder einer Tageszulassung kann ausnahmsweise der Sachmängelhaftungsausschluss überraschend und damit unwirksam sein.[117] Da zumeist ein Händlerverkauf vorliegen wird, stellt sich die Frage nur beim Verkauf an einen Unternehmer, der Verbraucher ist bereits durch § 475 BGB vor einem Sachmängelhaftungsausschluss geschützt.

 

Rz. 44

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen durch AGB wird häufig nicht hinreichend zwischen dem Kauf gebrauchter und neuer Sachen unterschieden.[118] Wenn ein völliger Haftungsausschluss zulässig ist, sind auch Einschränkungen zulässig, so dass für gebrauchte Sachen außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs auch Aufwendungen im Rahmen der Nacherfüllung entgegen § 439 Abs. 2 BGB auf den Gebrauchtwagenkäufer abgewälzt werden können und die Verjährungsfrist beliebig verkürzt werden kann.

 

Rz. 45

E...

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