Rz. 29

Für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft haften die Miteigentümer im Außenverhältnis gegenüber Dritten akzessorisch, aber nicht (wie die Mitglieder einer BGB-Gesellschaft) gesamtschuldnerisch, sondern gem. § 9a Abs. 4 WEG entsprechend ihrem Miteigentumsanteil. Die Einzelheiten werden im folgenden Beispielsfall erläutert.

 

Rz. 30

 

Beispiel

Mitte Januar 2022 bestellt WEG-Verwalter X für die WEG Heinestraße 12 Heizöl bei Lieferant U, das dieser sogleich liefert. Am 5.2.2022 stellt U der WEG 3.000,00 EUR in Rechnung. X kann nicht bezahlen, weil das WEG-Konto keine Deckung aufweist; tatsächlich ist die WEG Heinestraße 12 aufgrund der Privatinsolvenzen einiger Miteigentümer bankrott. U verlangt jetzt von Miteigentümer A die Bezahlung seiner Rechnung. Zu Recht? – A muss bezahlen, aber nicht in voller Höhe, sondern entsprechend seinem Miteigentumsanteil; beträgt dieser z.B. 150/1.000, muss A 450,00 EUR bezahlen. U kann diese Zahlung sofort von A verlangen; er muss nicht zuerst versuchen, die Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen (keine "Einrede der Vorausklage"). Wenn die Gemeinschaft gegenüber dem Anspruch des U Einwendungen oder Einreden geltend machen könnte, kann A es auch (§ 9a Abs. 4 S. 2 WEG). Vor einer eigenen Zahlung kann A von der Gemeinschaft Freistellung verlangen[41] (was ihm im Beispielsfall wegen der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschaft aber nichts nützt). Danach kann er Regress nehmen: Bei der Gemeinschaft in voller Höhe, bei seinen Miteigentümern jeweils entsprechend deren Miteigentumsanteil. Nur falls A gegenüber der Gemeinschaft mit Beitragszahlungen in Rückstand war, ist sein Regressanspruch in entsprechender Höhe ausgeschlossen.

Variante 1: A hat seine Wohnung schon am 20.12.2021 an B verkauft; die Eigentumsumschreibung erfolgte am 1.2.2022. Wer haftet dem U? – A haftet (entsprechend seinem Miteigentumsanteil) gem. § 9a Abs. 4 S. 1 WEG, weil die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden und fällig wurden; seine Zugehörigkeit zur Gemeinschaft (Miteigentümerstellung) endete erst mit der Eigentumsumschreibung. B haftet überhaupt nicht.

Variante 2: X erteilt namens der Gemeinschaft Mitte Januar 2022 dem Handwerker U den Auftrag zur Reparatur einer Dachundichtigkeit. Der Auftrag wird Mitte Februar ausgeführt und von U in Rechnung gestellt. Wer haftet dem U? – Der Anspruch des U wurde bei Auftragserteilung begründet; zu diesem Zeitpunkt war A noch Miteigentümer. Der Anspruch wurde fällig, nachdem B Miteigentümer geworden war. Für diesen Fall verweist § 9a Abs. 4 S. 1, 2. Hs. WEG auf die Nachhaftungsregelung in § 160 HGB. Demnach haften sowohl A als auch B dem U als Gesamtschuldner entsprechend ihrem Miteigentumsanteil. Bei A dauert die (Nach-)Haftung maximal 5 Jahre (§ 160 Abs. 1 HGB).

 

Rz. 31

 

Praxistipp

Die beschränkte Außenhaftung der Miteigentümer darf nicht den Blick darauf verstellen, dass die Zahlungsunfähigkeit einzelner Miteigentümer von den anderen Miteigentümern aufgefangen werden muss. Denn die Ausfälle zahlungsunfähiger Miteigentümer müssen durch entsprechende Sonderumlagen ausgeglichen werden. Wenn im Extremfall nur ein einziger Miteigentümer zahlungsfähig geblieben ist, muss dieser alleine für alle gemeinschaftlichen Kosten aufkommen! Insbesondere der Erwerb von Wohnungen in einer sog. Schrottimmobilie kann zum wirtschaftlichen Ruin des Eigentümers führen. Dieser wird deshalb danach trachten, die Wohnung abzustoßen. Da eine Dereliktion (Verzicht auf das Eigentum) nicht möglich ist,[42] kommt die Übertragung an eine zu diesem Zweck gegründete, im Übrigen vermögenslose Gesellschaft (namentlich eine Limited oder UG) in Betracht.[43]

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