Rz. 21

Die Auswahl des Sachverständigen erfolgt gem. § 404 Abs. 1 ZPO grundsätzlich durch das Prozessgericht. Eine Ausnahme von diesem Bestimmungsrechts des Gerichts besteht nach § 404 Abs. 4 ZPO nur dann, wenn sich die Parteien auf einen bestimmten Sachverständigen geeinigt haben. In diesem Fall hat das Gericht der Einigung der Parteien Folge zu leisten.

 

Rz. 22

In der Praxis wird das Gericht insbesondere bei Verkehrsunfällen stets mit denselben Sachverständigen zusammenarbeiten. Sollte das Gericht jedoch keinen geeigneten Sachverständigen benennen können, z.B. weil es um einen besonderen zu begutachtenden Punkt geht, welcher nicht in den Fachbereich der "bekannten" Sachverständigen fällt, so kann das Gericht bei den Berufsverbänden bzw. der Industrie- und Handelskammer um Benennung eines geeigneten Sachverständigen bitten. Ferner kann das Gericht auch nach § 404 Abs. 3 ZPO die Parteien auffordern, mögliche Sachverständige zu benennen.

 

Rz. 23

Der Begriff des Sachverständigen ist in Deutschland, Österreich und Liechtenstein rechtlich nicht geschützt. D.h., jede beliebige Person kann im Grunde als Sachverständiger tätig werden. Es gibt aber unterschiedliche Möglichkeiten der Zertifizierungen.

Eine solche ist die öffentliche Bestellung und Vereidigung. Sie wird auf Antrag von den Industrie- und Handelskammern vorgenommen. Sie dient dem Zweck, Auftraggebern solche Sachverständige zur Verfügung zu stellen, deren besondere Qualifikation und persönliche Integrität überprüft wurden. Sie sollen darauf vertrauen können, dass diese Sachverständigen ihre Gutachten unparteiisch, unabhängig und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten.

Sachverständige, die einen solchen Titel führen dürfen, verfügen über eine besondere Sachkunde auf ihrem Sachgebiet, die sie vor einem Fachgremium unter Beweis gestellt haben. Um für diese Prüfung zugelassen zu werden, müssen bereits besondere Qualifikationen erfüllt werden. So müssen Unfallsachverständige ein geeignetes Hochschulstudium an einer deutschen oder gleichwertigen ausländischen Hochschule oder Fachhochschule der Fachrichtung Fahrzeugtechnik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Physik oder vergleichbare Studiengänge erfolgreich abgeschlossen haben. Nach ihrem Studium müssen sie über mehrjährige Berufserfahrung auf ihrem Gebiet verfügen.

Die öffentliche Bestellung ist auf fünf Jahre begrenzt. Sie wird auf Antrag um diese Zeitspanne verlängert, wenn die Fachkompetenz durch eine regelmäßige Gutachtertätigkeit und Weiterbildungen nachgewiesen wird.

 

Rz. 24

Bei der Bestimmung des Sachverständigen ist das Gericht sodann grundsätzlich wieder frei, nach § 404 Abs. 3 ZPO soll jedoch öffentlich bestellten Sachverständigen der Vorzug gegeben und nur wenn besondere Umstände es erfordern, ein nicht öffentlich bestellter Sachverständiger ausgewählt werden. Nicht ausreichend ist es ferner, wenn das Gericht statt einer Person des Sachverständigen lediglich eine Sachverständigenorganisation (z.B. TÜV, Dekra, etc.) benennt und dort entschieden werden soll, welcher Sachverständige tätig wird. Ein diesbezüglicher Fehler muss seitens der Parteien jedoch rechtzeitig gem. § 295 ZPO gerügt werden.

 

Rz. 25

Muster 12.3: Antrag auf Benennung eines anderen Sachverständigen, der öffentlich bestellt ist

 

Muster 12.3: Antrag auf Benennung eines anderen Sachverständigen, der öffentlich bestellt ist

Lehnen wir den gerichtlich bestellten Sachverständigen _________________________ ab.

Zugleich beantragen wir,

stattdessen einen Sachverständigen zu ernennen, der für das hier einschlägige Fachgebiet öffentlich bestellt und vereidigt ist.

Begründung

Gem. § 404 Abs. 1 S. 1 ZPO erfolgt die Auswahl des Sachverständigen zwar durch das Prozessgericht nach freiem Ermessen. Allerdings sollen hierbei gem. § 404 Abs. 3 ZPO vorrangig öffentlich bestellte Sachverständige herangezogen werden. Andere Personen sollen hingegen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern. Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich, so dass vorrangig auf einen öffentlich bestellten Sachverständigen zurückgegriffen werden sollte, welcher aufgrund seiner öffentlichen Bestellung erfahrungsgemäß über besondere Sachkunde verfügt und gem. § 407 Abs. 1 ZPO auch nicht die Erstellung des Gutachtens ablehnen kann.

 

Rz. 26

Sollte das Gericht einen Sachverständigen ernennen, mit dem eine oder sogar beide Parteien nicht einverstanden sind, so bleibt den Parteien die Möglichkeit der Ablehnung des Sachverständigen, sofern ein entsprechender Ablehnungsgrund besteht.

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