Rz. 28

Besondere praktische Relevanz kommt insoweit der Regelung des § 404a Abs. 3 ZPO zu, wonach das Gericht bei streitigem Sachverhalt zu bestimmen hat, welche Tatsachen der Sachverständige seiner Begutachtung zugrunde legen soll.[7] Dies gilt bei einem Verkehrsunfallgeschehen insbesondere dann, wenn zuvor bereits eine mündliche Verhandlung durchgeführt und im Rahmen dieser Zeugen angehört wurden, welche sich hinsichtlich des streitigen Unfallhergangs widersprochen haben. Es ist dann nicht die Aufgabe des Sachverständigen, diese Zeugenaussagen zu würdigen, sondern das Gericht hat dem Sachverständigen mitzuteilen, welche Zeugenaussagen er seiner Begutachtung zugrunde legen soll.[8]

Sollte keine Zeugenaussage aufgrund offenkundiger Unwahrheit von vornherein ausscheiden, so hat das Gericht dem Sachverständigen grundsätzlich aufzugeben, das Unfallgeschehen einmal unter Berücksichtigung der einen und einmal unter Berücksichtigung der anderen Unfallschilderung technisch aufzuklären.[9] Es obliegt dann nämlich nicht dem Sachverständigen, eine Würdigung der Zeugenaussagen vorzunehmen, welche seiner Meinung nach glaubhafter bzw. wahrscheinlicher ist, sondern der Sachverständige hat dann nur zu überprüfen, ob sich die technischen Anknüpfungstatsachen (Schadensbild, Spurenlage, Kollisionsendstellung, etc.) mit beiden Unfallvarianten in Einklang bringen lassen. Welche Unfallvariante das Gericht sodann nach diesem Ergebnis für wahrscheinlicher hält, obliegt alleine der Würdigung des Tatrichters (§ 286 ZPO).

Sollten sich die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen mit einer Unfallschilderung gar nicht in Einklang bringen lassen, d.h. nicht bloß keine Plausibilität gegeben sein, sondern feststehende bzw. festgestellte Tatsachen eindeutig entgegenstehen, so hat der Sachverständige hierauf selbstverständlich hinzuweisen und als Ergebnis in seinem Gutachten so festzuhalten, ohne dass hierin eine verbotene Würdigung des Sachverständigen liegt.

[8] BGH, Urt. v. 30.1.1957 – V ZR 186/55 = NJW 1957, 906.

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