Rz. 1

Die folgende alphabetische geordnete Übersicht knüpft an Eigenschaften und Begriffe an, aus denen typischerweise Sachmängelansprüche hergeleitet werden und zeigt hierzu Rechtsprechungsbeispiele auf.[1]

 

Rz. 2

▓ Abgasnormen

Ist als Beschaffenheit die Abgasnorm "Euro 3" i.S.d. steuerlichen Einordnung vereinbart, liegt ein Sachmangel vor, wenn der Pkw nur "Euro 2" eingestuft wird (vgl. Rdn 170).[2]

Sorgt eine technische Vorrichtung (Software) dafür, dass im Prüfstand die Abgasreinigung vorgetäuscht wird, die im Alltagsbetrieb dann nicht stattfindet (VW-Abgasskandal), liegt ein Sachmangel vor.[3]

 

Rz. 3

▓ ABS

Der Hinweis, der Pkw verfüge über ABS, wird i.d.R. nicht als Garantieübernahme bewertet, aber als Beschaffenheitsvereinbarung (mit der Folge der Sachmängelhaftung, jedoch ohne Schadenersatzpflicht).[4]

 

Rz. 4

▓ Allradantrieb

Der Verkauf eines "Geländefahrzeugs" ohne Hinweis auf das Fehlen eines Allradantriebs löst Schadensersatzansprüche aus.[5] Veräußert der Verkäufer ein Fahrzeug des Typs "Daimler Benz", auf dessen Heck der Schriftzug "4-matic" angebracht ist, kann darin eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien zu sehen sein, dass das Fahrzeug mit einem Allradantrieb ausgestattet ist.[6]

Ist in einer privaten Kleinanzeige ein Pkw als "Geländewagen" zum Verkauf angeboten, so liegt in dieser Angabe nicht die konkludente Zusicherung, das Fahrzeug sei mit einem funktionsfähigen Allradantrieb ausgerüstet.[7]

 

Rz. 5

▓ Alter

Weicht das angegebene vom wirklichen Alter des Fahrzeugs ab, liegt in der Regel ein Sachmangel vor.[8] Ausnahmen wurden nur unter dem Gesichtspunkt der "Erheblichkeit" zugelassen,[9] der heute nur noch für den Rücktritt (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB) eine Rolle spielt.

 

Rz. 6

Alter, Baujahr und Erstzulassung sind häufig Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung (deren Nichteinhaltung Sachmängelansprüche auslöst). Die Rechtsprechung befasste sich in der Vergangenheit mit diesem Thema praktisch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Eigenschaftszusicherung (heute Garantieübernahme). Für Angaben zum Baujahr wurde eine Eigenschaftszusicherung regelmäßig bejaht.[10] Keine Garantieübernahme, jedoch eine Beschaffenheitsvereinbarung liegt vor, wenn ausdrücklich auf die Fahrzeugpapiere Bezug genommen wird ("eingetragenes Baujahr 1984" oder "Baujahr laut Fahrzeugbrief 1984").[11]

 

Rz. 7

Noch größere Vorsicht bezüglich einer Garantieübernahme ist beim Zeitpunkt der Erstzulassung geboten. Dieser wird häufig aus dem Fahrzeugschein abgeschrieben. Dennoch wurden Angaben zur Erstzulassung häufig als Zusicherung gewertet.[12] Keine Garantieübernahme, sondern nur eine Beschaffenheitsvereinbarung wurde in folgenden Fällen angenommen:

"Erstzulassung 5.5.1988" ohne Hinweis auf die Fahrzeugpapiere, jedoch mit dem Zusatz an anderer Stelle des Vertrags "keine Zusicherungen",[13]
Angabe des Zulassungsdatums im Zeitungsinserat, nicht jedoch im Vertrag, der darüber hinaus die Gewährleistung ausschloss,[14]
bei importierten Fahrzeugen.[15]
 

Rz. 8

Sichere Faustregeln können nicht aufgestellt werden. Es fehlt an einer gefestigten Rechtsprechung. Die Tendenz zur Annahme einer Garantieübernahme wird abnehmen, da die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung die – durch die Schuldrechtsreform gestärkten – Sachmängelansprüche auslöst. Schon zur alten Rechtslage wurde vertreten, dass im Regelfall die Angabe des Verkäufers zum Zeitpunkt der Erstzulassung nur als Bezugnahme auf die behördliche Eintragung in Fahrzeugpapieren verstanden werden kann (vgl. auch Rdn 31, 60).

 

Rz. 9

▓ Anpreisungen

Häufig wird in Inseraten oder auf Verkaufsschildern, seltener im Vertrag selbst, der Verkauf des Kfz mit anpreisenden Attributen versehen, wie z.B. "TIP TOP" oder "technisch einwandfrei" (vgl. Rdn 149, 189). Für die Frage der Zusicherungshaftung kam die Rechtsprechung hier zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, stets abgestimmt auf den Einzelfall.

 

Rz. 10

So wurde z.B. "TIP TOP" oder "TOP-Zustand" oder "in gutem Zustand" vom LG Würzburg, OLG Düsseldorf und OLG Saarbrücken als Zusicherung bewertet.[16] Dagegen wurde eine Zusicherung verneint vom OLG Hamm, OLG Oldenburg und LG Saarbrücken.[17]

 

Rz. 11

Es ist eine überwiegende Tendenz der Rechtsprechung feststellbar, allgemeine Anpreisungen dieser Art eher nicht als Zusicherung (Garantieübernahme) und auch nicht als Beschaffenheitsvereinbarung zu bewerten (siehe § 11 Rdn 19 ff.).[18]

 

Rz. 12

▓ Arglistige Täuschung

Sie führt zum Verbot des Haftungsausschlusses (§ 444 BGB, vgl. § 13 Rdn 24), zur Erhaltung der Rechte des Käufers trotz grob fahrlässiger Mangelunkenntnis (§ 442 BGB, vgl. § 13 Rdn 14), zur längeren Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 438 Abs. 3 BGB, vgl. § 15 Rdn 2) und gibt ein Anfechtungsrecht (§ 123 BGB, vgl. § 11 Rdn 297). Arglist des Verkäufers führt außerdem i.d.R. dazu, dass eine Nachbesserung für den Käufer unzumutbar ist (§ 440 S. 1 BGB, vgl. § 11 Rdn 160) und von einer erheblichen Pflichtverletzung i.S.d § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auszugehen ist, die einen Rücktritt rechtfert...

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