Rz. 48

Bei der dritten Frist ist von Bedeutung, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall geltend gemacht werden muss. Dies ist keine Anspruchsvoraussetzung, sondern eine Ausschlussfrist, was bedeutet, dass der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, bei Versäumung der Frist diese zu entschuldigen.

 

Rz. 49

Wichtig ist bei dieser dritten Frist, dass der Invaliditätsgrad noch nicht in den Prozentzahlen feststehen muss, sondern es reicht die einfache Behauptung, dass Invalidität eingetreten ist und diese nunmehr geltend gemacht wird. Zwar ist in den Bedingungen nicht geregelt, dass die Geltendmachung der Invalidität schriftlich zu erfolgen hat. Es ist dies jedoch zu empfehlen, zumal die Rechtsprechung dies auch teilweise fordert.

 

Praxistipp

Wie auch sonst üblich ist Voraussetzung, dass das Schreiben dem Versicherer zugegangen sein muss, wobei die Beweislast hier der Versicherungsnehmer trägt. Bekanntlich ist auch hier, wie bei anderen Zugangsnachweisen, der Sendebericht des Faxes nicht ausreichend. Insofern ist es aus praktischen Gründen am einfachsten, beim Versicherer anzurufen und den Zugang bestätigen zu lassen. Uhrzeit und Name des Sachbearbeiters sind als Aktennotiz aufzuschreiben. Auf diese Weise lässt sich der Zugang des Schreibens beweisen.

 

Rz. 50

In der Entscheidung des BGH vom 13.3.2002 (VersR 2002, 698) ging es um einen Entschuldigungsgrund, wobei sich der Kläger darauf berufen hatte, er sei seit dem Unfall schwerstverletzt, geschäftsunfähig bzw. unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Anspruch beim Versicherer geltend zu machen. Es beginnt damit keine neue Frist zu laufen, sondern der Versicherungsnehmer muss ohne schuldhaftes Zögern die Invalidität beim Versicherer nachträglich geltend machen.

 

Rz. 51

Erwähnenswert ist auch die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.5.2009 – 7 U 174/08 = VersR 2009, 1065. Werden in einer fristgerechten Unfallanzeige Verletzungsfolgen aufgeführt, die notwendig zu einer Invalidität führen, so enthält die Unfallanzeige bereits selbst die Geltendmachung der Invalidität. Werden in der Unfallanzeige konkret "Ganzkörperverbrennungen dritten Grades" benannt, bei denen aufgrund des mitgeteilten Grades für den Versicherer erkennbar ist, dass ein großer Teil der Körperoberfläche betroffen ist und erfahrungsgemäß bei diesem Schadensbild Dauerschäden unausweichlich sind, so erfüllt die Schadenmeldung gleichzeitig die Pflicht zur Geltendmachung der Invalidität.

 

Praxistipp

Ein Blick auf die Unfallmeldung ist also lohnenswert, wenn der Mandant sich mit dem Ablehnungsgrund konfrontiert sieht, er habe nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall die Invalidität geltend gemacht. Vielleicht liegt die Geltendmachung bereits in der Schadensanzeige, die unmittelbar nach dem Unfall versandt wurde. Denn dass die Geltendmachung der Invalidität zwangsläufig erst nach Erfüllung der vorangegangenen Tatbestandsmerkmale (Eintritt der Invalidität und ärztliche Feststellung) zu erfolgen hat, ist nicht anzunehmen.

 

Rz. 52

Darüber hinaus existiert noch ein großer Umfang an Urteilen, nach denen das Berufen auf die Fristversäumung seitens des Versicherers treuwidrig ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Versicherer selber umfangreiche und belastende Untersuchungen des Versicherungsnehmers veranlasst und sich anschließend auf den Fristablauf beruft (vgl. BGH VersR 1978, 1036). In der Praxis kommt es häufig vor, dass z.B. auch der Versicherer von sich aus ein ärztliches Gutachten einholt. In diesen Fällen kann der Versicherer sich dann nicht auf den Fristablauf berufen, da dies zu dem vorangegangenen Verhalten des Versicherers treuwidrig wäre (vgl. OLG Saarbrücken VersR 1997, 956; OLG Oldenburg NVersZ 2000, 85). Ferner gibt es in der Praxis auch häufig Fälle, in denen aufgrund der Primärverletzung der Dauerschaden feststeht oder nahe liegt. Auch in diesem Fall wäre es treuwidrig seitens des Versicherers, sich auf den Fristablauf zu berufen. Ein verständiger Prüfer des Versicherers käme daher zu dem Ergebnis, dass hier aufgrund der Primärverletzungen der Dauerschaden feststeht. Gerade bei Personenschäden und Personengroßschäden ist es daher wichtig seitens des Anwalts, hierauf zu achten.

 

Praxistipp

Manchmal ist es auch so, dass der Anwalt ein "Wechsel-Mandat" hat und er von einem Kollegen den Fall übernommen hat. Der Kollege hat aber von sich aus nicht an die Ansprüche aus dem Personenversicherungsbereich gedacht. Wenn nun der neu eingeschaltete Rechtsanwalt, der das Personenschadensmandat übernommen hat, feststellt, dass die Ansprüche aus der privaten Unfallversicherung noch gar nicht geltend gemacht wurden, kommt es vor, dass der Versicherer von sich aus sagt, dass derartige Ansprüche nunmehr nicht mehr geltend gemacht werden können, weil die Fristen nach den AUB abgelaufen sind. In diesem Fall kann der Anwalt sich oftmals mit Erfolg auf das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Versicherers berufen, da aufgrund der erheblichen Primärverletzung ein Dauerschaden nahe gelegen hat od...

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