Rz. 41

Zur Vermeidung der Fremdunterbringung eines Kindes (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII) in Notsituationen sieht § 20 SGB VIII die Unterstützungspflicht des Jugendamts vor, wenn der überwiegend betreuende Elternteil – auch Stief- und Pflegeelternteil[152] – aus gesundheitlichen oder sonstigen zwingenden Gründen die bisherige Betreuung und Versorgung nicht mehr sicherstellen kann. Als sonstige Gründe im Sinne dieser Vorschrift gelten neben Auslandsaufenthalten insbesondere auch Fälle der Strafhaft.[153] Allein berufsbedingte Abwesenheiten genügen nicht. Insoweit sind die §§ 22 ff. SGB VIII vorrangig.

 

Rz. 42

Voraussetzung für den Leistungseintritt ist darüber hinausgehend allerdings auch, dass die in § 20 Abs. 1 Nr. 13 SGB VIII genannten Einschränkungen nicht eingreifen. Dies bedeutet, dass der jeweils andere Elternteil aus beruflichen Gründen zur Übernahme der Versorgung außerstande ist, das Kindeswohl die konkrete Leistung erfordert und durch Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen bzw. Kindertagespflege der Versorgungsausfall nicht ausgeglichen werden kann. In diesem Fall muss durch die Übernahme der Haushaltsführung und Betreuung bzw. Erziehung des Kindes die eingetretene Notsituation kompensiert werden.

 

Rz. 43

Präzisiert werden die notwendigen Leistungen nach den Vorgaben von § 20 Abs. 2 SGB VIII, wenn ein allein erziehender Elternteil oder beide Elternteile aus gesundheitlichen oder sonstigen zwingenden Gründen ausfallen. In dieser Situation bedarf es einer Betreuung und Versorgung des Kindes im elterlichen Haushalt, wenn und solange es für das Kindeswohl erforderlich ist. Der nach § 86 SGB VIII örtlich zuständige Träger muss im Rahmen der "Soll-Vorschrift" die notwendigen – in der Regel ambulanten und damit kostenbeitragsfreien Leistungen[154] – sicherstellen, soweit nicht vorrangige Sozialleistungen in Anspruch genommen werden können, etwa aus § 42 SGB VII. Gleichzeitig wird dem Träger die Möglichkeit eröffnet, gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit weiteren Familienangehörigen die Betreuung und Versorgung sicherzustellen, entsprechend dem Wahlrecht gem. § 5 SGB VIII.

[152] Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, § 20 Rn 2.
[153] Münder/Wiesner/Meysen, Kinder- und Jugendhilferecht, Kap. 3.3.3 Rn 15 mit weiteren Beispielen.
[154] Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, § 91 Rn 13.

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