Rz. 2

§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG sieht vor, dass Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften von Grundstücken der Einkommensbesteuerung unterliegen, wenn diese innerhalb von 10 Jahren nach ihrer Anschaffung veräußert werden. Für die Berechnung der Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG ist grundsätzlich das der Anschaffung oder Veräußerung zugrunde liegende obligatorische Geschäft, also der notarielle Vertrag (mit Auflassung und Eintragungsbewilligung), maßgebend.[1]

 

Hinweis

Im Rahmen der Berechnung der Zehnjahresfrist ist dem Erben gem. § 23 Abs. 1 S. 3 EStG die Anschaffung des Grundstücks durch den Erblasser zuzurechnen. Er tritt mithin in die "Fußstapfen" des Erblassers.

 

Rz. 3

Der Veräußerungsgewinn ist die Differenz aus dem Veräußerungserlös abzüglich der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (z.B. Kaufpreis, Baukosten) und der Veräußerungskosten (z.B. Makler-, Notar- und Grundbuchkosten). Der Veräußerungsgewinn ist um die objektbezogenen Abschreibungen zu erhöhen.

 

Hinweis

Wird eine mit einem dinglichen Nutzungsrecht (z.B. Nießbrauch) belastete Immobilie (teil-)entgeltlich erworben, erhält der Erwerber zunächst das um das Nutzungsrecht gemindertes Eigentum. Löst er das Nutzungsrecht dann entgeltlich ab (siehe § 1 Rdn 30>), handelt es sich bei den Aufwendungen zur Befreiung von dem Nutzungsrecht um nachträgliche Anschaffungskosten.

 

Rz. 4

Eine Steuer fällt gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht an, wenn die Immobilie zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.[2] In der zweiten Variante reicht es aus, wenn die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren, d.h. in einem zusammenhängenden Zeitraum innerhalb der letzten drei Kalenderjahre, der nicht die vollen drei Kalenderjahre umfassen muss, zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

 

Rz. 5

Bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge ist die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dem Rechtsnachfolger sowohl bei Gesamt- als auch bei Einzelrechtsnachfolge zuzurechnen.[3] Er tritt mithin – wie bei der Zehnjahresfrist (siehe Rdn 2>) – in die "Fußstapfen" des Erblassers. Wird eine ganze Wohnung an Angehörige zur unentgeltlichen Nutzung überlassen (siehe zur Wohnleihe § 14 Rdn 1 ff.>), greift die Besteuerung nach § 23 Abs. 1 S. 1 EStG. Eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung an einen Angehörigen kann ausschließlich dann eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellen, wenn es sich bei dem Begünstigten um ein zum Kindergeldbezug/Kinderfreibetrag berechtigtes Kind gemäß § 32 Abs. 6 EStG handelt.[4]

 

Rz. 6

Ein Nießbrauch fällt nicht unter § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.[5] Auch ein Sondernutzungsrecht ist wohl kein Grundstück i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, mithin ist ein darauf entfallender Spekulationsgewinn steuerfrei.

 

Hinweis

Wurde ein Grundstück teilentgeltlich erworben (z.B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge mit Gleichstellungszahlungen an Geschwister (siehe § 1 Rdn 67>) oder durch Übernahme von Verbindlichkeiten oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung durch Übernahme von Verbindlichkeiten), greift im Rahmen des § 23 Abs. 1 S. 1 EStG die sog. Trennungstheorie:[6] Bei einer steuerpflichtigen Veräußerung berechnet sich der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 23 Abs. 3 EStG für den entgeltlich erworbenen Teil durch Gegenüberstellung des anteiligen Veräußerungserlöses zu den tatsächlichen Anschaffungskosten. Der anteilige Veräußerungserlös bestimmt sich nach dem Verhältnis der aufgewendeten Anschaffungskosten zum Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Erwerbs.

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